Neue StVO: Sicherheit durch Tempo 30

header-tempo30-stvo.jpg

Menschen sind gerne mit dem Fahrrad, dem umweltfreundlichsten Verkehrsmittel unterwegs. Sie brauchen dafür die beste und sicherste Umgebung im Stadtverkehr. Über 160 europäische Städte sind schon Vorreiter für Tempo-30-Schutzzonen und zeigen, wie man damit gleichzeitig Sicherheit und Lebensqualität schaffen kann. Es muss weniger gebremst und beschleunigt werden, was Lärm und Emissionen reduziert. Die geringere Geschwindigkeit macht den gesamten Verkehr nachweislich sogar flüssiger.

Wir fordern daher überall dort Temposchutz, wo Mischverkehr von Radverkehr mit Autos herrscht. Bauliche Umgestaltungen sichern die Einhaltung von 30 km/h. Das bringt mehr Verkehrssicherheit für alle und mehr Lebensqualität für AnwohnerInnen.

35. StVO-Novelle: Tempo-30-Schutzzone leichter möglich?

Aktuell sind neue rechtliche Rahmenbedigungen in Ausarbeitung: Die 35. Novelle zur StVO beschäftigt sich auch damit, wie Gemeinden leichter Tempo-30-Schutzzonen einrichten können.

Die Radlobby Linz begrüßt grundsätzlich den Ansatz im Entwurf, findet jedoch , dass die Formulierung noch zu ungenau ist.

Auch darf es unserer Meinung keinen Ermessensspielraum für die Verkehrssicherheit, für Gesundheit und Leben von Menschen geben. Die Behörde soll es sich nicht aussuchen können, ein sicheres Verkehrsumfeld zu schaffen, sie hat es zu schaffen, wenn für FußgängerInnen und RadfahrerInnen die Benutzung der Straße zu gefährlich ist.

Bisheriger Entwurf für den § 43 Abs. 4a in der neuen StVO:

"Die Behörde kann in Ortsgebieten in Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis wie z. B. Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Krankenhäusern oder Senioreneinrichtungen die gemäß § 20 Abs. 2 erlaubte Höchstgeschwindigkeit verringern, sofern die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit insbesondere von Fußgängern oder Radfahrern geeignet ist.“

Unser Vorschlag für den entsprechenen Paragraphen:

Die Behörde hat in Ortsgebieten in Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis wie z. B. Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Krankenhäusern oder Senioreneinrichtungen und in Straßenabschnitten, in denen Radfahren erlaubt ist und in denen keine baulich getrennte Radfahranlage zur Verfügung steht, die gemäß § 20 Abs. 2 erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu verringern.

Im Interesse der Sicherheit, der Gesundheit und des Lebens von Menschen müssen die Rahmenbedingungen auf unseren Straßen von den schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen vorgegeben werden.

anhalteweg_pkw_2.png

Anhaltewege von Kfz bei 10/30/50 km/h (Grafik: Radlobby)

Die bisher falsch gewichteten Rahmenbedingungen mussten die umweltfreundlichsten VerkehrsteilnehmerInnen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, nun ohnehin Jahrzehnte über sich ergehen lassen: Nur wegen ein paar Sekunden Zeitersparnis für den Kfz-Verkehr werden FußgängerInnen und RadfahrerInnen durch zu hohes Tempo von Kfz in Ortsgebieten tagtäglich massiv gefährdet.

Bei Mischverkehr immer Tempo 30!

Temposchutz ist aus Sicherheitsgründen überall dort notwendig, wo Mischverkehr von Radverkehr mit Autos herrscht:

Während beim Fußverkehr die Temporeduktion im Normalfall für die Querung der Straße erforderlich ist, ist es beim Radverkehr meist ein Thema im Längsverkehr, d.h. wie schnell und in welchem Abstand der Kfz-Verkehr an den Radfahrern vorbeifährt.

Temposchutz Tempo 30

Tempo-30-Schutzzone erhöhen Verkehrssicherheit und Lebensqualität (Foto: Radlobby)

Bei den Lokalaugenscheinen der oberösterreichischen Fahrradberatung wiederholte sich jahrelang in zig Gemeinden immer wieder das gleiche Bild: Eine dominante Straße, die den zentralen Ort aufschließt, im Normalfall eine Landesstraße. Und da legte bisher ausschließlich das Bundesland und nicht die betroffene Gemeinde fest, welches Tempo hier gefahren wird, meist Tempo 50, was dann real Tempo 60 bedeutet. Dies muss sich ändern: Straßen sind für alle da und haben auch radfahrtauglich zu sein. Straßenerhalter und -betreiber müssen dort, wo Radfahrende keine sichere, baulich getrennte Radfahranlage haben, entsprechend die gefahrene Geschwindigkeit reduzieren.

Bei niedrigerem Tempo ist der seitliche Sicherheitsabstand für die LenkerInnen von Kfz leichter einschätzbar. Es ist also bei Tempo 30 im Ortsgebiet für Kfz-LenkerInnen leichter,  legal und sicher an Radfahrenden vorbeizukommen.

Es geht dabei auch um ein Klimathema: Wie kann man den Menschen möglichst schnell eine umweltfreundliche Fortbewegung ermöglichen. Dieser Aspekt ist im Zusammenhang zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrsbereich einer der wichtigsten überhaupt. Dafür sind nicht unbedingt Hunderte Millionen Euro teure ÖV-Projekte notwendig. Mit Tempo-30-Schutzzonen existiert vielmehr eine einfache und günstige Möglichkeit, Anreize zu schaffen, die noch dazu in sehr kurzer Zeit umsetzbar ist. 

Tempo-30 erhöht immer die Verkehrssicherheit

Der im Entwurf vorgesehene Zusatz “…sofern die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit insbesondere von Fußgängern oder Radfahrern geeignet ist.” ist zu streichen, denn natürlich ist eine Temporeduktion stets geeignet, für eine höhere Verkehrssicherheit aller VerkehrsteilnehmerInnen, insbesondere eben von FußgängerInnen und RadfahrerInnen, zu sorgen. Der Zusatz aber würde nahelegen, dass die Behörde in manchen “Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis” das Tempo von Kfz gleich lassen oder sogar erhöhen könnte, und es dadurch für FußgängerInnen und RadfahrerInnen sicherer wird, was offensichtlich absurd klingt.

vcoe-todesrisiko-tempo-pkw-rad.jpg

Geringeres Tempo, weniger tödliche Verkehrsunfälle! (Grafik: VCÖ)

Es ist wissenschaftlich belegt,  dass ein niedrigeres Tempo, etwa Tempo 30, einen enormen Sicherheitsgewinn darstellt. Eine Zusammenfassung von Studien ist hier zu finden: https://www.tempolimit-jetzt.at/studien/ 

Politik hat Vorteile von Tempo-30 erkannt - am Papier...

Auch sind diese Erkenntnisse eigentlich seit Jahrzehnten schon in der Politik angekommen - zumindest auf dem Papier. 

Wir verweisen hier exemplarisch auf eine Pressekonferenz aus dem Jahre 2014 (!), auf der der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl, der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter Reinhold Entholzer, der Bürgermeister der Stadt Linz Klaus Luger, und der damalige OÖ Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer zum Thema “Gesamtverkehrskonzept: Großraum Linz wird RADLFIT - Leistungsfähiges Radhauptroutennetz für den Alltagsverkehr” u.a. folgendes präsentierten: 

“Verkehrstechnische Vorgaben für Radhauptrouten:
Mischverkehrsabschnitte mit Kfz (innerorts) sind nur bei Tempo 30 zulässig”

land-ooe-dedl-hingsamer-entholzer-hiesl-luger.jpg

Zuständige Politiker (hier mit Fahrrad) forderten schon 2014 Tempo-30-Schutz im Mischverkehr (Foto: Land OÖ/Dedl)

Leider ist dieses Konzept 2014 zwar präsentiert worden, 10 Jahre später gibt es in Linz jedoch immer noch Radhauptrouten, die auf Straßen mit Tempo 50 im Mischverkehr mit Kfz geführt werden.

Wir freuen uns - vermutlich mit den erwähnten Personen -, wenn nun mit der 35. StVO-Novelle endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um solche Konzepte vereinfacht umsetzen zu können.

Wahlkampf-Positionen der Linzer Parteien zu Tempo-30

Im Sommer 2021 haben wir die Positionen der Linzer Parteien zu diesem Thema abgefragt. Wir forderten überall dort Temposchutz, wo Mischverkehr von Radverkehr mit Autos herrscht. Bauliche Umgestaltungen sollen die Einhaltung von 30 km/h sichern. Wir stellten diese Forderung auf, um mehr Verkehrssicherheit für alle und mehr Lebensqualität für AnwohnerInnen zu erreichen.

Die Grünen waren für "flächendeckende Einführung von 30iger Zonen bis auf wenige Ausnahmen", Linz Plus setzte sich auch für einen "bauliche Reduktion der überbreiten Fahrspuren, dadurch würde sich die Geschwindigkeit automatisch reduzieren". Auch NEOS, KPÖ, Wandel und Volt unterstützten die "Entschleunigung" und wiesen auf die gleichzeitig "geringere Lärm- und Schadstoffbelastung" hin. 

Die ÖVP war "prinzipiell für die Ausweitung der 30iger Zonen", die SPÖ auch, sah jedoch noch Probleme in der Umsetzbarkeit "da die Stadt Linz nicht auf allen Straßen in Linz über die alleinige Verordnungskompetenz verfüge". Von der FPÖ kam leider generell keine Rückmeldung auf unsere Anfragen zu den insgesamt 10 Themen.

wahlbarometer-linz-2021-tempo-30.jpg

Auszug der Umfrage unter Linzer Parteien zum Thema - mehr Details hier.

 

Tempo 50-30 bzw. 50-50-30 Schild

Bei mehrspurigen Straßen ergibt sich oft das Problem, dass eine Temporeduktion zur Erhöhung der Sicherheit deswegen nicht durchgeführt wird, weil nicht alle Fahrspuren auf Tempo-30 gebremst werden sollen. In Linz auf der Nibelungenbrücke ist dies leider seit Jahren für die zuständige Politik ein sehr willkommener Hinderungsgrund.

Es ist bisher nicht möglich, nur für die rechte Spur mit einem einfachen Schild eine niedrigere Geschwindigkeit zu verordnen.

Eine derartige Temporeduktion könnte etwa notwendig sein, weil RadfahrerInnen mangels eigener Radfahranlage im Mischverkehr radeln müssen, oder weil die Fahrspur mit unzureichendem Abstand an einer Radfahranlage entlang geführt wird.

Wir schlagen daher vor, entsprechende Bestimmungen für Regelungen und für Schilder der folgenden Art in die StVO aufzunehmen:

tempo-50-50-30.jpg

Vorschläge für neue Tempo-Schilder auf mehrspurigen Straßen

Unsere Stellungnahme auf der Homepage des Parlaments

Hier finden Sie die Stellungnahme der Radlobby Linz.

Wir verweisen auch auf die umfangreiche Stellungnahme der Verkehrswende Tulln-Klosterneuburg, die viele weitere Verbesserungen für RadfahrerInnen und FußgängerInnen anregt: Stellungnahme der Verkehrswende Tulln-Klosterneuburg.


Weiterführende Informationen