Strategie für Bahn & Rad

Bahn und Fahrrad sind ideale Partner im umweltfreundlichen Verkehr Österreichs. Die ÖBB zeigt als neue Nummer eins beim Bahnfahren innerhalb der EU (lt. IRG-Rail) eindrucksvoll ihr Potential für weiteres Wachstum, hat aber aus Sicht der radfahrenden KundInnen noch einiges an Verbesserungsbedarf vor sich.

Die Radlobby Österreich sieht durch eine Berücksichtigung der Bedürfnisse einer der treuesten Kundengruppen - der umweltfreundlich reisenden RadnutzerInnen - große Chancen, den Anteil der klimaschonenden VerkehrsteilnehmerInnen gemeinsam weiter zu erhöhen. Die Zielsetzung einer verbesserten, zeitgemäßen intermodalen Mobilitätskette kann nur mit einer umfassenden, zukunftsfähigen „Strategie für Bahn & Rad“ erreicht werden, die wir gerne gemeinsam mit der ÖBB erarbeiten. Hier unsere Vorschläge:

Fünf Handlungsfelder

Im Gesamtzusammenhang sieht die Radlobby fünf Handlungsfelder, in denen spezifische Maßnahmen gesetzt werden sollten, um die Erwartungen an eine gezielte Strategie erfüllen zu können:

1. RADPARKEN 

2. RADMITNAHME 

3. TARIFGESTALTUNG  

4. SERVICE 

5. KOMMUNIKATION

Die Arbeitsgruppe der Radlobby für Bahnfragen hat fünf Maßnahmen in einigen dieser Handlungsfeldern als vordringlich definiert. Diese fünf Schwerpunktelemente sollten von weiteren kleineren Maßnahmen flankiert werden.

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Fünf Maßnahmen

1. RADABSTELLOFFENSIVE

Radabstellanlagen an Bahnhöfen gezielt nach Qualitätskriterien und umfassender Generalplanung flächendeckend ausbauen und dafür Budget und Finanzierungsschlüssel sicherstellen

Vorbild für einen gezielten Ausbau der dringend benötigten Abstellanlagen für Rad & Bahn-Kunden der ÖBB kann die  aktuell laufenden Schwerpunktaktion bei den SBB sein, wo von 2013 - 2018 mit einem Aufwand von 17 Millionen Franken 15.000 neue Radabstellplätze errichtet werden. Auf Österreichs Bedarf umgelegt bedeutet das über 20.000 neue Radständer an den Bahnhaltestellen und Bahnhöfen der ÖBB in zeitgemäßer, einheitlicher Qualität. Die Abstellanlagen sollen weitgehend überdacht, möglichst nah beim Eingang bzw. bei den Bahnsteigen situiert, einsehbar und barrierefrei erreichbar sein, um deren Nutzung zu erhöhen und die Kombinationsmöglichkeiten von Rad und Bahn auch in die Köpfe vieler Menschen als umweltfreundliche Alternative platzieren zu können.

Der aktuelle Rad-Andrang an vielen Bahnhöfen zeigt, dass auch im Sinne eines sicheren und attraktiven Bahnhofsumfelds die ausreichende Quantität und Qualität von Abstellmöglichkeiten im Interesse aller Beteiligten liegt und hier auch Standardbeteiligungsmodelle für die Kooperation von ÖBB und Gemeinden bzw. Grundeigentümern gefunden werden sollten, die Zeitverzögerungen im Errichtungsprozess vermeiden. Radverkehr nimmt zuverlässig und stetig zu, das liegt im Interesse von Klima- und Gesundheitspolitik und braucht Vorausplanung.

2. RADMITNAHMENIVEAU STEIGERN

Nach dem erfolgten Umbau des railjet und der Umstellung  von IC auf RJ die Radmitnahmekapazitäten nicht vermindern sondern ausbauen

Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung, in den railjets Radmitnahmemöglichkeit nachzurüsten. Mit der nun realisierten Anzahl an Radplätzen in den railjets wird eine Basisversorgung an Radmitnahme im Fernverkehr erreicht. Zur Radreisesaison kann diese jedoch nicht ausreichen. Zunahme des Radverkehrs im Alltags- wie auch im Tourismusverkehr ist nicht vorgesehen. Künftige flexible Erweiterungen des Angebots wären sehr sinnvoll und notwendig, wenn Österreich den boomenden Markt des Radtourismus nicht zusehends an Nachbarländer verlieren möchte.

Vor allem bei den neun neuen railjets könnte eine Erweiterung der Radmitnahme als reale Option eingeplant werden. Die derzeitigen IC’s auf der Weststrecke haben im Mittel 15 Radabstellplätze, die IC-railjets aber nur 7. Der Radplatzanteil an den Sitzplätzen sinkt dadurch von derzeit 3 % auf unter 2 %. Ebenso ist die Beibehaltung des Angebotes von Radplätzen bei Bestellung von neuen Zügen für den Nahverkehr, in dem Radmitnahme zur Zeit gut funktioniert, ein wichtiges Anliegen. Hier sollte vor allem auf die hohe Frequenz und Attraktivität für kurze Fahrten, auf leichten und attraktiven Zugang und die Sitzmöglichkeiten in der Nähe des Fahrrads Bedacht genommen werden.

3. TARIFGERECHTIGKEIT

Die Kostenberechnung des Radtickets mit 10% des Normaltarifs kommt durch Mindesttarif 2€ und Reservierungsentgelt nicht beim Kunden an, daher sollten  beide Beträge gesenkt werden.

Die seit der Radtarifumstellung 2013/14 kommunizierten 10% auf den Normalpreis kommen bei den Bahn-KundInnen nicht an, da in der Praxis zumeist infolge des Mindesttarifs und der Reservierungspflicht im Fernverkehr ein weit höherer Preis (bis zu 100 %) gezahlt werden muss. Hier sollten Möglichkeiten gefunden werden, mit Hinblick auf Preistransparenz und Kundenbindung nachzujustieren. Das sehr hohe Mindestentgelt erzeugt für den Großteil aller Fahrten wieder einen versteckten Pauschaltarif und sollte daher angepasst – zumindest halbiert - werden. Als Faustregel besonders für den Nahverkehr schlagen wir das Prinzip vor, dass das Radticket nicht teurer sein darf als das Personenticket auf derselben Strecke.

Bei einer klaren, realen Kommunikation der Preiskalkulation ergibt sich zwar bei Umlegung der Kosten ein höherer Prozentsatz als die jetzt beworbenen 10 % des Normaltarifs, aber dafür wird bei Kombination mit einem deutlich reduzierten Mindesttarif die Entfernungsabhängigkeit des Radtarifs viel deutlicher und die Erwartungshaltung der RadkundInnen nicht enttäuscht.

4. VORTEILSCARD-VORTEILE

RadkundInnen mit ÖBB-Vorteilscard nach Streichung der 50%-Radmitnahmereduktion wieder Vorteile bieten

Im Zuge der Tarifneugestaltung sind durch die Streichung der tariflichen Vorteilscard-Vorteile für Radmitnahme große finanzielle Nachteile für jene ÖBB-StammkundInnen entstanden, die ihr Rad im Zug mitnehmen. Dieses Missverhältnis kann wieder ausgeglichen werden, um der Stammkundengruppe entgegenzukommen, indem entweder den vorhandenen Vorteilscard-Kategorien Radvorteile hinzugefügt werden, oder eine eigene „Bahn&Rad“-Vorteilscard eingeführt wird, die Sonderleistungen enthält. Wir sehen dafür folgende beispielhafte Maßnahmen, die radelnde ÖBB-KundInnen wieder mehr an die ÖBB binden könnten:

  • Kostenlose Radmitnahme-Reservierung im Fernverkehr für ÖBB Vorteilscard-KundInnen
  • Sonderleistungen in Kombination mit existenten Radmobilitätsangeboten (wie bei Nextbike NÖ schon existent)
  • Tarifreduktion für Einfach-Raus-Radticket
  • Kooperation mit dem boomenden Radtourismus-Feld in Österreich, um die autofreie Anreise zu diesen Zielen per ÖBB zu steigern

5. ZIELGRUPPENANGEBOTE

Ergänzend zum guten Produkt „Einfach Raus“ spezifische Tickets für pendelnde AlltagsradlerInnen und RadtouristInnen bieten, v.a. Tageskarten und Saisonkarten.

Ein Kombitagesticket Rad & Bahn kann die eingangs angesprochene ideale Wegekette Rad & Bahn vor allem in den Ballungsräumen intensiv fördern, ebenso sinnvoll ist ein Saisonticket für die Radmitnahme im Regionalverkehr. Dies als Beispiele für attraktive Anreize, die speziell auf die Zielgruppen pendelnde AlltagsradlerInnen und RadtouristInnen zugeschnitten sind und deren Bedürfnisse zielgenau erfüllen können.

Dann stehen die Weichen Richtung intermodaler Mobilitätskette Rad & Bahn!