Wartungsarme Alltagsräder

Jedes neue Fahrrad fährt sich zunächst einmal gut. Schnell sind bei den meisten Rädern jedoch Wartungsarbeiten nötig: Die Bremsen ziehen nicht gut, die Schaltung geht nicht mehr sauber, das Licht fällt aus oder die Kette zwitschert mit den Vögeln um die Wette. Egal ob man die dann notwendigen Wartungsarbeiten selbst durchführt oder eine Radwerkstatt damit betraut, in jedem Fall ist es ein lästiges Übel. Für den Alltag ist ein Fahrrad ideal, das einfach fährt, ohne dass es gewartet werden muss. Fahrradhersteller haben diesen Bedarf erkannt und bieten nun immer mehr wartungsfreie oder -arme Komponenten und Fahrräder. Wir zeigen auf, worauf beim Kauf eines neuen Rades geachtet werden sollte und wie ein Fahrrad auf wartungsarme Komponenten umgerüstet werden kann.

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Bremsen

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Nabendymamo und Rollenbremse

Zuverlässige Bremsen sind wichtig für die Sicherheit beim Radfahren. Übliche V-Brakes bremsen im Neuzustand sehr gut, haben aber den Nachteil, dass bei intensiver Nutzung des Rads die Bremsbacken mehrmals im Jahr auszutauschen sind. Abgenutzte bzw. schlecht justierte Bremsbacken haben eine geringe Bremswirkung und beschädigen auf Dauer die Felge bzw. den Reifen. Eine zuverlässigere Alternative stellen sogenannte „Rollenbremsen“ dar. Auf den ersten Blick sehen sie wie Scheibenbremsen aus, die Scheibe ist jedoch nur der Kühlkörper für das Rollensystem, das sich im Inneren der Scheibe befindet und völlig wartungsfrei ist: 30.000 km Lebensdauer geben die Hersteller an. Die Bremse muss nicht nachgestellt werden und hat unabhängig von der Witterung eine konstante Bremswirkung. Eine Überhitzung kann bei längeren Abfahrten auf Radtouren auftreten, ist im Alltagseinsatz aber kaum zu erwarten.

Schaltung

Die meisten Räder sind mit einer Schaltung mit Mehrfach-Zahnkränzen ausgestattet. Diese sehr effiziente und günstige Schaltung ist aber durchaus wartungsintensiv und die Kette sowie die Zahnkränze verschleißen schneller. Wartungsarm und für den Alltag auch wesentlich komfortabler sind Nabenschaltungen: hier ist in der Hinterradnabe ein Schaltgetriebe untergebracht. Anders als die alten 3-fach Schaltungen sind moderne Nabenschaltungen mit 8 oder mehr Gängen ausgestattet und funktionieren wesentlich zuverlässiger. Mit einem Drehgriff können alle Gänge mit einem Griff auch im Stehen und ohne Treten durchgeschaltet werden – ideal, um z.B. nach einem unvorhergesehenen Bremsmanöver gleich wieder mit einem leichten Gang losfahren zu können. Die Shimano Nexus 8-fach bietet beispielsweise einen Übersetzungsbereich, der für die meisten Fahrten im Alltag ausreicht, wenn nicht längere und steilere Steigungen vorkommen. Von Shimano ist auch die Alfine-Nabenschaltung mit 11 Gängen erhältlich. Mit 14 Gängen bietet die Rohloff Nabenschaltung den vollen Umfang einer Schaltung wie sie auch z.B. auf Mountainbikes üblich ist, allerdings zu einem deutlich höheren Preis (ca. 1.000 Euro). Eine Besonderheit stellt die stufenlose Nabenschaltung NuVinci 360 dar: mit einem Drehgriff kann gleitend das passende Übersetzungsverhältnis gewählt werden. Ob der Übersetzungsbereich einer Schaltung den eigenen Ansprüchen genügt, kann man entweder einfach durch Ausprobieren oder aber über die sogenannte Entfaltung feststellen (siehe Begriffserklärungen am Ende des Artikels).

Kette

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Geschlossener Kettenkasten

Durch den Einsatz von Nabenschaltungen verlängert sich die Lebensdauer einer Kette schon beträchtlich, weil der Verschleiß der Kette, aber auch der Zahnritzel deutlich geringer ist.

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Innovativer Zahnriemenantrieb  

Wenn die Kette dann zusätzlich in einem geschlossenen Kettenkasten ist, so braucht die Kette eigentlich nicht mehr geschmiert oder ersetzt werden. Außerdem verhindert der Kasten, dass man sich an der Kette schmutzig macht.

Eine Alternative zur Kette stellen Zahnriemensysteme dar, die ohne Schmierung auskommen und viele Jahre halten, ohne dass sie ausgetauscht werden müssen.

Licht

Eine hochwertige und fix installierte Dynamo-Lichtanlage ist für ein Alltagsrad besonders empfehlenswert: im Gegensatz zu Ansteck-Batterielichtern ist sie jederzeit einsatzbereit, auch wenn man unvorhergesehen in die Dunkelheit kommt. Man braucht nicht daran zu denken, die Lichter einzustecken und vorab die Batterien (oder im besten Fall die Akkus) zu laden. Die Lichter müssen auch nicht vom abgestellten Rad entfernt werden, um sie vor Diebstahl zu schützen. Wichtiger Bestandteil einer hochwertigen Lichtanlage ist ein Nabendynamo – ein Dynamo, der in der Vorderradnabe integriert ist, völlig geräuschlos und nahezu ohne Widerstand läuft und bei jeder Witterung voll funktionsfähig ist: durch seine Bauweise kann er im Gegensatz zu einem herkömmlichen Seitenläufer nicht durchrutschen. Scheinwerfer und Rücklichter mit Leuchtdioden (LED) zeichnen sich – anders als Glühbirnen und Halogenlampen – durch eine nahezu unbegrenzte Lebensdauer und eine starke Leuchtkraft aus. Die LED-Scheinwerfer von Busch & Müller liefern eine erfreulich kräftige Ausleuchtung der Fahrbahn auch im Zwielicht der Straßenbeleuchtung. Viele LED Lichter haben auch eine Nachleuchtfunktion, sodass man z.B. auch beim Stehenbleiben an der Kreuzung gut gesehen wird. Achten Sie darauf, dass zweiadrige Kabel verlegt sind (siehe Begriffserklärungen am Ende des Artikels) und nirgends Schlaufen vorhanden sind, mit denen man z.B. beim Fahrrad Abstellen hängen bleiben und das Kabel abreißen kann.

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Pannensicherer Mantel

Reifen

Pannensichere Reifen wie z.B. Schwalbe 'Marathon Plus' reduzieren das Risiko einer Reifenpanne erheblich, sind aber leider noch nicht Standard bei Neumodellen. Die Ballonreifen Schwalbe Big Apple sind zwar nicht ganz so pannensicher, bringen aber gerade für holprige Stadtwege und Kopfsteinpflaster einen höheren Fahrkomfort als Federgabel oder sogar ein vollgefedertes Rad. Durch die spezielle Konstruktion ergibt sich kein höherer Rollwiderstand als bei normalen Reifen.

Allgemeines

Ein stabiler Gepäckträger, z.B. von Tubus, ist für ein Alltagsrad wichtig, um Packtaschen, Fahrradkorb und Gepäckstücke zu befördern. Auch wartungsfreien Rädern bekommt es auf Dauer nicht besonders gut, wenn sie das ganze Jahr über der Witterung ausgesetzt sind – wer über die Möglichkeit einer Aufbewahrung in einem Fahrradabstellraum oder Keller verfügt, sollte sie vor allem bei feuchter Witterung auch nützen. Schließlich braucht es auch ein gutes Schloss, als Daumenregel gilt: Das Schloss soll etwa 10% vom Fahrradpreis kosten. Schließlich gibt es die Möglichkeit, eine Radlobby Diebstahlsversicherung abzuschließen.

Empfehlungen für die Umrüstung

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Montage einer Rollenbremse bei Nabenschaltung

Alternativ zum Kauf eines neuen Fahrrads besteht auch die Möglichkeit, ein bestehendes mit wartungsfreien Komponenten nachzurüsten. Wenn die Zahnkränze ohnehin zu ersetzen sind und die Felgen auch schon etwas dünn sind, bietet sich ein Wechsel der Laufräder an: Vorderräder mit Nabendynamo sind um ca. 70 Euro erhältlich, Hinterräder mit einer Nexus 8-fach Nabenschaltung um ca. 165 Euro inkl. Drehgriff. Für Rollenbremsen braucht es eine kompatible Nabe mit Verzahnung für die Kraftübertragung (z.B. Shimano Nexus Nabenschaltungen) und beim Vorderrad zusätzlich eine Aufnahme für die Drehmomentstütze auf der Gabel; sie kosten rund 50 Euro. Geschlossene Kettenkästen sind von Hebie (Chainglider) erhältlich. Beim Nachrüsten von Ballonreifen wird es oft eng mit dem Platz zwischen Rahmen, Kotflügel und Reifen. Für Nabendynamos gibt es eigene Versionen der Frontscheinwerfer, die über einen Schalter bzw. eine Licht-Automatik mit Helligkeitssensor verfügen. Es macht also Sinn, Nabendynamo und Frontlicht gemeinsam zu tauschen.

Wichtige Begriffe - kurz erklärt

  • Die Entfaltung ist jene Entfernung, die das Rad während einer Kurbelumdrehung zurücklegt, was natürlich vom jeweils gewählten Gang abhängt. Die Entfaltung ist ein vom Reifendurchmesser unabhängiges Maß für die Übersetzung; sie lässt sich einfach bestimmen, indem man das Rad schiebt (am besten rückwärts, dann dreht sich die Kurbel von selbst mit), und die Entfernung abmisst, bis sich die Kurbel einmal gedreht hat. Im höchsten Gang sollte die Entfaltung mindestens 5,5 m betragen, höhere Entfaltungen kommen nur bei Rückenwind, bergab oder bei sehr kräftigen FahrerInnen zum Einsatz. Für volle Steigungstauglichkeit sollte die Entfaltung beim kleinsten Gang etwa 1,5 m betragen.
  • Die Nabe ist jener Teil im Zentrum eines Rades, der sich um die fest eingespannte Achse dreht.
  • LED steht für „Light Emitting Diode“, auf deutsch „Leuchtdiode“. Es handelt sich um einen sehr kompakten, energieeffizienten und langlebigen Leuchtkörper.
  • Zweiadrige Kabel sind sinnvoll da ein Stromkreis grundsätzlich immer zwei Leitungen zwischen Stromquelle (Dynamo) und Verbraucher (Lichter) benötigt. Beim Fahrrad wird oft der Rahmen als eine Leitung verwendet, um nur ein Kabel verlegen zu müssen. Das führt aber auf Dauer oft zu Kontaktproblemen, weshalb es besser ist, ein zweiadriges Kabel zu verlegen.