Ringen um Argentinierstraße

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Die Argentinierstraße im Wiener Bezirk Wieden ist eine wichtige Rad- und Fußverbindung zum neuen Hauptbahnhof. Der dort befindliche älteste Radweg Wiens ist Teil der zukünftigen Rad-Langstrecke Süd. Nun steht eine Umgestaltung an, doch der Vorschlag der Bezirksvorstehung Wieden erweist sich bei näherer Betrachtung als unzureichend und nicht kosteneffizient.

Begegnung eine Herausforderung

In der Argentinierstraße verläuft der zentrumsnahe Abschnitt der Langstrecke Süd: die Verbindung von Hauptbahnhof mit dem Ring-Radweg. Im Jahr 2018 verbuchte die Zählstelle Argentinierstraße 744.695 Radfahrende. Ein Jahr zuvor waren es noch 675.421 gewesen: ein Zuwachs von mehr als zehn Prozent. Somit ist die Argentinierstraße die viertmeistbefahrende Radstrecke in Wien.

Für die heutigen Radverkehrsmengen ist der Radweg jedoch komplett unterdimensioniert. Die Breite beträgt teilweise nur 1,6 Meter während die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen eine Mindestbreite von zwei Metern vorschreibt. 1,6 Meter entsprechen ziemlich genau zwei Fahrradlenkern, was jede Begegnung zur Präzisionsarbeit macht und ein Überholen nur mit einem erheblichen Risiko erlaubt.

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Der ist-Zustand auf der Argentinierstraße 

Zudem stellen die Querungen des Radweges mit den Seitengassen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Insbesondere in den Kreuzungen Plößlgasse und Schwindgasse kommt es regelmäßig zu Zusammenstößen zwischen Fahrrädern und Autos oder Lkws.

Die Mängel sind seit Jahren bestens bekannt, die SPÖ-Bezirksvorstehung Wieden hat sich für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit ausgesprochen. Die Grünen und Neos sehen ebenfalls großen Handlungsbedarf.

Ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis

Dennoch ist die zeitgemäße Ausgestaltung der Radinfrastruktur über das Stadium bloßer Willensbekundungen nicht hinausgekommen.  Die Bezirksvorstehung sieht als einzige Option eine Verlegung des Radweges auf die westliche Straßenseite unter Beibehaltung der aktuellen Parkordnung. Detailpläne, Kostenschätzungen und eine fundierte Analyse der Vor- und Nachteile sind uns nicht bekannt.

Die angesprochene Lösungs-Variante würde jedoch die Situation der radfahrenden Menschen wenig verbessern: in Summe fielen zwei Straßenquerungen weg, der Radweg würde, je nach Örtlichkeit, um 0,5 bis 0,8 Meter breiter. Die vier ungeregelten Radweg-Kreuzungen, wo eine Annäherungsgeschwindigkeit von 10 km/h vorgeschrieben ist, blieben bestehen. Die von der Radlobby geschätzten Kosten würden 1,7 Millionen € betragen.  Angesicht der minimalen Qualitätsverbesserungen und der verbleibenden Mängel stellt diese Option ein unvertretbar ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis dar.

Beste Variante: Fahrradstraße

Den Vorschlag der Radlobby Wien, eine Fahrradstraße in der Argentinierstraße zu errichten, wurde von der Bezirksvorstehung abgelehnt, obwohl die Fahrradstraße zu den sichersten und beliebtesten Radverkehrsanlagen zählt, von vielen gewünscht ist und auch hier die beste Lösung darstellt. Begründung: bei Fahrradstraßen müsse der Durchzugs-Kfz-Verkehr unterbunden werden, was Lenkern von Autos und Lkws nicht zuzumuten sei.

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So könnte die Argentinierstraße als Fahrradstraße aussehen 

Verkehrstechnisch sinnvoll ist es, sich in der zentrumsnahen Argentinierstraße an der Qualität des gerade fertiggestellten Langstrecken-Abschnittes in der Favoritenstraße zu orientieren. Beispiel: der Zweirichtungsradweg in der Kennergasse ist 3,9 Meter breit.

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Die Favoritenstraße kann als Vorbild dienen

Um eine ausreichende Breite für den Radweg zur Verfügung zu stellen, ist es erforderlich, eine der zwei Parkspuren zwischen Karlsplatz und Gürtel durchgängig umzuwidmen. Im Bereich des St.-Elisabeth-Platzes ist wegen der beengten Platzverhältnisse eine beidseitige Umwidmung erforderlich. Laut unseren Schätzungen wären bis zu 270 Abstellparkplätze von der Umwidmung betroffen. In der Praxis werden zwischen Theresaniumgasse und Plößlgasse die etwa 50 Abstellplätze kaum genutzt, was einen Netto-Umwidmungsbedarf von 220 Abstellplätzen bedeutet.

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So würde ein Zweirichtungsradweg in der Argentinierstraße in Langstreckenqualität aussehen

Eine Ausgestaltung des Radweges Argentinierstraße in Langstecken-Qualität ist für die Verkehrssicherheit und für die Förderung des Radverkehrs in Wien essenziell. Die hochqualitative Ausführung in der Favoritenstraße und die Weiterführung bis zur Stadtgrenze und nach Niederösterreich machen eine weitere rasche Steigerung der Nutzungsfrequenz sehr wahrscheinlich. Durch das Gefälle ist ein Überholen öfters als sonst erforderlich. Das alles macht eine richtlinienkonforme Breite unbedingt notwendig.

Bei einer Langstrecke mit eminenter Bedeutung für Fahrrad-Pendelnde aus dem Süden Wiens, muss eine qualitative Lösung gefunden werden!