Pop-Up Bikelanes entfernt: Auf ein baldiges Wiedersehen!

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Was zuvor nur langsam vonstatten ging, ging zur Bewältigung der Corona-Krise plötzlich ruck-zuck: Städte auf der ganzen Welt ergriffen Maßnahmen zur Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs. Auch Wien bekam dank der Forderungen von Radlobby Wien und der Initiative Platz für Wien vier Pop-Up-Radspuren, die sehr gut angenommen wurden. Was die Radlobby als ersten Schritt in die richtige Richtung sah, ist nun Schnee von gestern: Die Pop-Up Radspuren wurden entfernt und es gibt größtenteils fertige Planungen, an ihrer Stelle permanente Radinfrastruktur zu schaffen. Wie es jetzt weitergeht hängt von den BezirksvorsteherInnen und der Verkehrsstadträtin Ulli Sima samt ihrer Fraktion(en) ab.

Mehr Platz für´s Rad! 

Die Pandemie macht deutlich, was vielen bereits lange bewusst ist: Das Fahrrad ist ein sicheres und krisenfestes Verkehrsmittel, das großen Teilen der Bevölkerung unkompliziert zugänglich ist. Die Wiener Radverkehrs-Zählstellen zeichneten 2020 ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr. Viele Geh- und Radwege sind jedoch nach wie vor zu schmal - in Österreich und auch in vielen anderen Teilen der Welt. Radfahrende und Zu Fuß Gehende sind auf engem Raum zusammengepfercht und kommen oftmals nur schleppend voran, während für den motorisierten Verkehr ein Großteil des öffentlichen Raums reserviert bleibt. 

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2,5 Kilometer

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und der Vorgabe, zueinander einen Meter Sicherheitsabstand einzuhalten, setzten Stadtverwaltungen in der ganzen Welt Maßnahmen, um ein zügiges und sicheres Vorankommen aller Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten: Sei es mit temporären Radwegen, Gehsteigen, Fußgängerstraßen oder Begegnungszonen.

Auch Österreichs Straßen haben ein großes Potential, allerdings passierte zu beginn der Corona-Krise diese Richtung zunächst kaum etwas. Für Wien erstellte die Initiative Platz für Wien in Zusammenarbeit mit der Radlobby Wien einen Katalog von möglichen temporären Radwegen in Wien. Sie ergaben zusammen ein Netz von 130 Kilometern neuen Radspuren. Immerhin vier davon – in der Praterstraße, der Wagramer Straße, der Lasallestraße und der Hörlgasse - wurden umgesetzt. 

Die umgesetzte Länge betrug zu Beginn 2,5 der 130 Kilometer, nach Rückbau des temporären Radweges Hörlgasse im September nur noch rund 1,5 km. Jetzt sind auch Praterstraße und Lassallestraße rückgebaut. Wien hat nach 7 Monaten nun wieder 0 (null) Pop-Up Radwege.

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Hier können Sie die Liste der Forderungen von insgesamt 130 km temporären Radfahranlagen ansehen:

1. Praterstraße (0,7 km)

Stadträtin Birgit Hebein reagierte schnell, bereits zwei Tage nach der Präsentation der Forderungen wurde die Praterstraße zum ersten Pop-Up-Radweg Wiens. Die für den Radverkehr freigegebene rechte Fahrbahnspur stadtauswärts machte es Menschen am Rad leichter, zügig voran zu kommen. Nach Entfernung der temporären Radspur muss man sich nun wieder auf dem schmalen Einrichtingsradweg mit vielen anderen den unzureichenden Platz teilen.

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2. Wagramer Straße (0,2 km)

Der Pop-Up Radweg auf der Wagramer Straße machte Hoffnungen auf eine Besserung. Denn diese Straße ist eine einzige 1,7 Kilometer lange Lücke von der Kagraner Brücke bis zum Kagraner Platz. Nun kommt es wieder zu einer Verschlechterung für Fuß & Rad durch die Wegnahme des Pop-Up-Radweges auf der Kagranerbrücke. Fuß und Rad haben nun den halben Platz, Autos bekommen wieder Platz dazu. Wann wird die ungerechte Platzverteilung behoben? 

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3. Hörlgasse (1 km)

Anfang Juni bekam Wien seinen dritten und längsten Pop-Up-Radweg in der Hörlgasse. Die Gesamtlänge der Pop Up Bikelanes wurde mit dem zusätzlichen Kilometer mehr als verdoppelt. (von 0,88 auf 1,92 km). Verkehrsstadträtin Birgit Hebein und Bezirksvorsteherin Saya Ahmad eröffneten den Radweg persönlich. Jahrelang demonstrierten bereits die AnwohnerInnen für Verbesserungen, es lief die politische Diskussion, zuletzt forderte Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ) von der Stadt Wien die gemeinsame Umgestaltung zur kühlen Straße mit Radwegen & hoher Lebensqualität. Der Pop-Up-Radweg war ein wichtiger Schritt - der Trailer quasi - zur dauerhaften Umgestaltung der Hörlgasse.

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4. Lasallestraße (0,6 km)

Ab der Venediger Au führte eine Pop-Up-Radspur in der Lassallestraße stadtauswärts zur Reichsbrücke. Eine große Entlastung für den Radverkehr, denn auf dieser Straßenseite fehlt seit vielen Jahren ein Radweg. Die Lassallestraße verbindet die Stadt mit der Donauinsel und Transdanubien und ist Teil der Rad-Langstrecke Nord. Statt mehreren Seitenwechseln, Ampeln und Gänsemarsch konnte man hier nun geradlinig weiterradeln. Es war Platz zum Überholen und teilweise eine grüne Welle stadtauswärts. 

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Wien: Vom Reden ins Handeln kommen!

Wien steht im Verkehr unter Zugzwang: Abstände gegen Ansteckung sind zu wahren und es braucht Alternativen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Autoverkehr. Radgeschäfte sind ausverkauft, der nächste Lockdown steht vor der Türe. Es braucht Platz für´s Rad, vor allem jetzt! Der Rückbau der temporären Radwege ist ein Armutszeugnis der Stadtplanung.

Es ist höchste Zeit, den bestehenden Fahrrad-Fleckerlteppich rasch durch Radwege zu verbinden, sodass ein durchgängiges Radnetz entsteht. Fragt man jene, die noch nicht Rad fahren, so wünschen sie sich am meisten die Trennung vom motorisierten Verkehr, um gefühlt und tatsächlich sicher unterwegs zu sein. Für neue Radwege eignen sich meist Hauptstraßen am besten, da diese häufig breit und durchgängig sind und somit die offensichtlichsten Routen bieten. Neuer Platz für den Radverkehr kann leicht durch eine bessere Nutzung von Fahrstreifen und Parkstreifen geschaffen werden. Der Fließverkehr - inklusive Radverkehr - muss auf Hauptstraßen priorisiert werden. Dort sollten dauerhaft abgestellte Fahrzeuge die Ausnahme sein, wenn sie den Fließverkehr behindern.

Einen Ausblick, wohin es gehen könnte zeigen die beiden in Kürze fertiggestellten Geschützten Radstreifen im Straßenzug Am Tabor. Dort wurde der Straßenraum gerechter verteilt, neue Grünflächen und ein Park geschaffen sowie die Verkehrssicherheit merkbar erhöht. Hier geht es zum Kurzbericht der Mobilitätsagentur: Am Tabor: neue Radwege sind fertig

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