WienMobil Rad ersetzt Citybike

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Seit 1. April 2022 ist das WienMobil Rad in Betrieb. Bis Jahresende sollen 3000 Fahrräder an 200 Stationen verfügbar sein. Verantwortlich für das neue Modell sind die Wiener Linien, für die Errichtung der Stationen sowie für den laufenden Betrieb samt Wartung, Reparaturen und Verteilung der Räder wurde die Firma Nextbike beauftragt. Das deutsche Unternehmen mit Sitz in Leipzig betreibt in mehr als 300 Städten in 26 Ländern Leihradsysteme. Die Radlobby hat Wiens neues Leihradsystem getestet.

AUS für Citybike Wien

Nach 19 Jahren im Dienste der umweltfreundlichen Mobilität wurde der Betrieb von Citybike Wien am 31. März 2022 eingestellt. Das von Gewista betriebene Leihradsystem scheiterte letztlich am Geld: Gewista forderte eine höhere Kostenbeteiligung durch die Stadt. Zusätzlich zu den rund 0,86 Mio. Euro pro Jahr für die Hälfte der Stationen sollten Betriebskosten in der Höhe von 1,1 Millionen Euro für rund 60 Stationen übernommen werden. 

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In den Verhandlungen zwischen der Firma Gewista und der Stadt Wien gab es keine Lösung, ein anderer Weg war notwendig. Nach einem Vorschlag von Verkehrsstadträtin Hebein sprach sich Bürgermeister Ludwig Ende Juli 2020 öffentlich für eine Weiterführung und Ausbau des beliebten Citybike-Systems aus und beauftragte die Wiener Linien. Citybike wurde jedoch offiziell am 31. März 2022 eingestellt, am 1. April 2022 gingen erste WienMobil Räder und Stationen in Betrieb.

Was ist neu?

Die Registrierung ist kostenlos via Homepage oder Nextbike-App möglich, um einen Euro macht man eine Testbuchung, die gleich gutgeschrieben wird. Ab einem Alter von 16 Jahren darf man das Wien Mobil Rad nutzen. Die Kosten belaufen sich auf 0,60 € pro 30 Minuten oder vergünstigt 0,30 € pro 30 Minuten. Mit Zusatzpaket (50 € oder vergünstigt 25 €) ist die erste halbe Stunde pro Fahrt gratis. WienerLinien-Stammkundinnen (Jahreskarten, Top-Jugendticket, Jugendticket & Semestertickets) und Stadtwerke-MitarbeiterInnen bekommen die Vergünstigung; nicht allerdings Klimaticket-KundInnen (!). Maximal zahlt man 14,90 € pro 24 Stunden (Tageshöchstsatz). Bei Rückgabe außerhalb von WienMobil Stationen zahlt man 20€ Rückgabegebühr. 

Das ist ein großer Unterschied zu den beliebten Citybikes: Die erste Stunde war kostenlos, erst danach fielen Gebühren an. Nach Angaben von Gewista im Jahr 2020 handelte es sich bei 95 Prozent aller Ausleihen um Gratisfahrten.

Einfacher und flexibler, aber geringere Stationsdichte

Die WienMobil Räder sind dafür einfacher auszuleihen: Die stationsgebundenen Räder sind nicht mehr an einen Terminal gebunden und können per App (mittels Scannen eines QR-Codes) oder Anruf ausgeliehen werden. Früher musste man einen Teil des Registriervorgangs am Terminal machen – so entstanden oft lange Wartezeiten an den jeweiligen Stationen. Sowohl Registrierung als auch Ausleihvorgang sind jetzt ortunabhängig möglich.

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Anders als bisher beim CityBike können nun pro Account vier Räder gleichzeitig ausgeborgt werden. Die Stationen brauchen durch die Entkoppelung vom Terminal keinen Strom und sind somit einfacher zu Errichten oder zu Verlegen. Die Prozesse von Registrierung über Zahlung und Ausleihe mit dem Betreibersystem laufen (fast) vollautomatisch über die zentrale Nextbike-Website sowie über die Nextbike-App (im App Store, Play Store und AppGallery). Die Firma Nextbike GmbH hat ihren Sitz in Leipzig und bietet eine österreichische Hotline und Mailadresse an.

Die häufigsten Fragen werden im FAQ-Bereich der Wiener Linien beantwortet: WienMobil Rad FAQ.

Es wird im Vollausbau ca. 185 ortsfeste Stationen und zusätzlich ca. 50 sogenannte virtuelle Stationen geben. Letztere bestehen aus konventionellen Radbügeln und Abstellanlagen, die per GPS-Ortung (Geofencing) als Ausleih-/Rückgabestandort im System hinterlegt sind. Beim Abstellen und Ausleihen an virtuellen Stationen ist das Rad mit einem vorhandenen Nummernschloss an-/aufzusperren. Die Kombination steht in der App und am Fahrrad selbst.

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Das WienMobil Rad soll auch in der WienMobil-App angezeigt werden, von der aus man dann zur Nextbike-App weitergeleitet wird. Das ist aber bis Redaktionsschluss Ende April 2022 noch nicht umgesetzt.

Das neue Leihrad

Das WienMobil Rad ist ein 7-gängiges Smartbike mit integriertem elektronischen Rahmenschloss (statt Lenkradsperre wie beim CityBike). Zwischenparken ist somit einfach, man sollte sich nur die Nummer seines Rades merken oder sie im Zweifelsfall in der App nachsehen (falls mehrere Räder am gleichen Ort zwischengeparkt werden). Das Rad kann mittels GPS geortet und an fixen physischen als auch virtuellen Stationen ausgeborgt und zurückgegeben werden.
Tipp: Auch wenn die Leihräder nur an Stationen zurückgegeben werden sollten und bei Nichtbefolgung eine Strafgebühr verrechnet wird: Frei abgestellte Leihräder sind unserem Test nach meist mietbar und so spart man sich ggf. den Weg zur nächsten WienMobil Rad Station.

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Die Räder sind etwas schwerer als das private Stadtrad, rollen aber gut und sind weitaus besser ausgestattet als die CityBikes: Standlicht vorne und hinten, bessere Sättel, größere Schnellspanner an der Sattelklemme, Luftreifen statt Vollgummireifen mit niedrigem Rollwiderstand; stabilere wenn auch kleinere Körbe, die rahmenfest sind und somit nicht mitlenken. Auch Kopfsteinpflaster und Straßenbahnschienen sind mit den Rädern gut befahrbar.  
Aktuell gibt es auch 50 Räder mit Kindersitzen, das Angebot soll bis im Herbst aufgestockt werden. Für die mobile Stationsübersicht ist ein Smartphone empfohlen oder der Online-Stationsplan (siehe Ende des Artikels)

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Fazit

Wien hat nun endlich wieder ein öffentliches Leihradsystem. Das einfachere und bessere Ausleihsystem und die qualitativ hochwertigeren Räder wiegen die finanziellen Nachteile größtenteils auf. Allerdings ist die Stationsdichte extrem gesunken und eine Stationsverdichtung  nicht in der nötigen Form geplant, das Netz wird dadurch erheblich schlechter. WienMobil Räder dürfen ebenso nur bis zur Stadtgrenze zurückgegeben werden, in Niederöstereich muss man auf Nextbikes umsteigen, obwohl in beiden Bundesländern die gleiche Firma dahinter steht. Rund um Wien soll ein Ring aus Zwillingsstationen entstehen, um das zu erleichtern. Auch die Daten zu Stationsauslastung und Leihradstandorten sind – anders als bei City Bike – immer noch nicht offen einsehbar.

Der Bedarf nach geringeren Stationsabständen im dicht verbauten Gebiet ist nach wie vor gegeben. International bewährt hat sich ein Stationsabstand von 300 Metern. WienMobil Rad schafft bei Redaktionsschluss nur eine Station alle 800 bis 1400 Meter! Die Stadt Wien sollte im Sinne der Stadt der kurzen Wege die kurzen Rad-Wege nicht aus den Augen verlieren: Die WienMobil Räder müssen zum Zurücklegen von Kurzstrecken genutzt werden können und sollten nicht primär als Zubringer zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gesehen werden. 

Hier der aktuelle Stationsplan in der Radlkarte der Radlobby

Hier geht es zur Radlkarte.at in einem neuen Fenster.