Radschnellverbindung Nord: Donaustadt bis Innenstadt

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Auf der Wagramer Straße, Lassallestraße und Praterstraße soll bis 2023 die seit 2014 angekündigte Radschnellverbindung Nord entstehen. In Kombination mit neuen Radwegen auf der Aspernbrücke, in der Aspernbrückengasse und am Praterstern soll so auf sieben Kilometern eine durchgängige hochwertige Radverbindung zwischen Donaustadt und Innenstadt entstehen. Wir werfen einen verkehrspolitischen Blick auf das geplante Projekt. 

Praterstraße 

Ein Teil der ertüchtigten Radialverbindung entsteht entlang der Praterstraße. Hier gibt es künftig auf der stadtauswärts führenden Seite einen teils 4 Meter breiten Zwei-Richtungsradweg. Auf der Fahrbahn stadtauswärts zwischen Donaukanal (Aspernbrücke) bis zum Praterstern entfällt künftig ein Fahrstreifen für den motorisierten Verkehr. Der heutige schmale Radweg stadteinwärts soll unverändert neben Parkstreifen und zwei Fahrstreifen bestehen bleiben.

Der Mittelstreifen der Praterstraße wird außerdem durchgängig begrünt und mit attraktiven Gräserbeeten und Hochstammsträuchern bepflanzt. Darüber hinaus werden Plätze entlang der Pratertsraße, wie der Nestroyplatz und der Rosl-Berndt-Platz umgestaltet.

Die Radlobby Wien hatte für die Praterstraße anhand städtischer Verkehrszählungen das Motto "Zwei Fahrstreifen sind genug" ausgerufen. Dies hätte Platz für zwei 2,5-3 Meter breite Einrichtungsradwege geschaffen, die durchgängige dritte Baumreihe zugelassen und Platz für Schützende Kreuzungen an Praterstern, Rotensterngasse, Nestroyplatz, Aspernbrückengasse und Aspernbrücke geschaffen. Durch den dritten Fahrstreifen kann viel davon jetzt nicht umgesetzt werden. Ebenfalls entfallen deshalb viele neue ampelfreie Querungsstellen für FußgängerInnen.

Einen größeren Haken für den Radverkehr hat die einseitige Führung im Zweirichtungsverkehr: Damit ist stadteinwärts ein zweimaliger Wechsel der Straßenseite bei langen Ampelphasen notwendig, um die vielen Ziele der Innenstadt zu erreichen. Wir sagen voraus, dass der schmale alte und unveränderte Radweg stadteinwärts bald zum täglichen Engpass werden wird und dort der Handlungsbedarf bald nach Baustellenende offensichtlich werden wird.
Die vorliegenden Planungen kommen an eine zeitgemäße Gestaltung und Umverteilung leider nicht heran, stellen aber dennoch an relevanten Stellen deutliche Verbesserungen dar.

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Visualisierung Praterstraße

Lassallestraße 

Die Lassallestraße zählt zu den am stärksten genutzten Radwegen Wiens. 2021 wurden hier mehr als 1 Million Radfahrende gezählt, an Spitzentagen teils mehr als 10.000 Radfahrende.

Derzeit gibt es auf der stadteinwärts führenden Seite einen getrennten Geh- und Radweg, wobei das Radfahren in beide Richtungen erlaubt ist. Die bestehende Radverkehrsanlage wird auf einer Länge von rund 900 Metern auf mehr als vier Meter verbreitert. Gleichzeitig werden die Grünflächen auf der Lassallestraße vergrößert und attraktiviert. Die Bauarbeiten starten voraussichtlich in diesem Jahr.

Die Radlobby Wien hatte breite Radwege auf beiden Straßenseiten gefordert. Der zweite Radweg Lassallestraße war bereits in Planungen abgebildet und kommt jetzt doch nicht. Die Lücke zwischen den Enden der Lassallestraße mit zwei Radwegen (Vorgartenstraße und Venediger Au) blieb bestehen. Damit fehlt dem Stuwerviertel samt Vorgartenmarkt weiterhin die direkte Radwegverbindung.

Die Flächen der Lassallestraße werden also nicht klar für die Verkehrswende unverteilt.  Im vorliegenden Projekt wird der bisherige Gehweg zum Radweg. Das entspricht nicht den Radlobby-Leitlinien und verursacht Umwege für FußgängerInnen. Dabei zeigen Verkehrszählungen deutliche Rückgänge der Kfz-Bewegungen und der sonst autolastige Verkehrsclub ÖAMTC bescheinigt der Stadt Wien öffentlich, dass bereits zwei Fahrstreifen stadteinwärts in der Lassallestraße "noch ausreichend Kapazität" bieten.

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Hier auf der Lassallestraße soll es weiterhin keinen zweiten Radweg geben wenn es nach der Stadtregierung geht.

Aspernbrücke und Aspernbrückengasse

In der Aspernbrückengasse werden die bestehenden Radwege im Jahr 2023 durch einen Zwei-Richtungsradweg ergänzt. Der Zwei-Richtungsradweg wird zukünftig auch auf der Aspernbrücke fortgeführt. Die Errichtung des Radwegs findet in Koordination mit den gleichzeitig stattfindenden Sanierungsarbeiten der Aspernbrücke statt. Die Sanierungsarbeiten beginnen voraussichtlich im April 2023.

Mit dem neuen Zweirichtungsradweg wird eine lange Forderung der Radlobby teilweise erfüllt. Jedoch fehlt das Gesamtkonzept für die aktive Mobilität an der Aspernbrücke, die an der hohen Autobelastung dort leidet. Die Radlobby Wien sieht den Bedarf von zwei Zweirichtungsradwegen auf der Aspernbrücke, um kurze Wege trotz der komplexen Relationen zu ermöglichen. An den beiden Brückenenden sollten zudem die fehlenden Radfahrerüberfahrten entlang des Donaukanals ergänzt werden, damit zwei Vollkreuzungen entstehen. Dies würde neue Relationen auf den durch Autofahrbahnen zerschnittenen Kreuzungen schaffen und so für rasche Radverkehrsabwicklung sorgen. Leider erhielten wir diesbezüglich bisher keine positiven Signale der Stadt. Dabei ist der angekündigte Umbau eine gute Gelegenheit zur Redimensionierung der überbordenden Kfz-Verkehrsflächen.

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Visualisierung Aspernbrückengasse

Neue Radverbindung entlang der Wagramer Straße

Im 22. Bezirk entstehen auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern entlang der Wagramer Straße attraktive Radwege in zwei Bau-Etappen. In diesem Jahr wird ein baulich getrennter Zwei-Richtungsradweg in Fahrtrichtung stadteinwärts vom Donauzentrum bis zur Arbeiterstrandbadstraße errichtet. Im nächsten Jahr folgt die 2. Etappe bis zum Kagraner Platz.

Der neue Zweirichtungsradweg zwischen Arbeiterstrandbadstraße und Donauzentrum stellt die größte Verbesserung entlang der neuen Radschnellverbindung dar.

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Die autogerechte Wagramer Straße 2022, im Hintergrund das Donauzentrum.

Einschätzung der Radlobby Wien 

Es sind gute Planungsqualitäten und Ansätze erkennbar. Die Autodominanz gefährdet jedoch das Projekt.

Positiv zu verzeichnen ist, dass Wien mit diesem Projekt neue Maßstäbe setzt. Die Rad-Langstrecke Nord wird in weiten Teilen qualitativ hochwertig errichtet. Durch den Umbau gibt es mehr Grün und mehr Platz fürs Zu Fuß Gehen. Eine klare Verbesserung.

Das größere Bild zeigt jedoch zu wenig Ambitionen in der Umgestaltung: Obwohl die Praterstraße keine Auto-Hauptstraße mehr ist, wird sie dennoch als solche geplant. Drei durchgängige und teilweise vier Fahrstreifen verleihen ihr einen Autobahncharakter, obwohl laut Verkehrsuntersuchung nichtmal einer der zwei Fahrstreifen stadteinwärts ausgelastet sein wird. An der Lassalestraße wird an drei Fahrstreifen stadteinwärts festgehalten und Geh-Infrastruktur rückgebaut, obwohl zwei Fahrstreifen schon ausreichend Reserven bieten. An der Problemkreuzung Aspernbrückengasse gefährdet der dritte Fahrstreifen die Sicherheit der Menschen zu Fuß und mit dem Rad. Auf der Aspernbrücke bleibt es bei vielen Auto-Fahrstreifen und der komplizierten Einbahnführung des Radverkehrs auf Gehsteigen.

Insgesamt begrüßt die Radlobby Wien die Arbeiten zur Umsetzung der Radschnellverbindung Nord. Auch wenn große Teile der Umgestaltung definitiv nicht weit genug gehen ist eine Verbesserung der Radfahrbedingungen zwischen Innenstadt und Donaustadt erwartbar.

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