Das Radlobby-Basisnetz

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Die Stadt Wien verfolgt den Klimaschutz durch mehr Radverkehr. Ein 5-Jahres-Ausbauprogramm mit vervielfachtem Budget ist angekündigt. Der steigende Radverkehr trifft jedoch auf ein veraltetes Straßennetz und den Radweg-Fleckerlteppich (siehe Titelbild). Die Bedingungen zum Ausbau sind besser denn je - für zukunftsfähigen Radverkehr braucht es aber mehr als schöne Worte: ein durchgängiges Netz in hoher Qualität. Da die Radlobby Wien bisher nicht in die Erarbeitung der Ausbaupläne eingebunden ist, haben wir das Radlobby-Basisnetz erarbeitet und stellen es hier vor. Es zeigt dauerhaft jene Straßenzüge, die aus unserer Sicht primär als überregionale Radrouten ausgebaut werden sollen.

Ein Programm für die nächsten Jahre

Die Stadt Wien arbeitet derzeit ein 5-Jahres-Ausbauprogramm Radinfrastruktur aus, das im Regierungsabkommen 2021 angekündigt wurde. Dafür sollen 20 Mio. Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung stehen statt bisher ca. 6-7 Mio. Euro jährlich. Die Stadtregierung hat das Ziel, den Anteil der Radwege an der Gesamtverkehrsfläche Wiens auf 10 % zu steigern (aktuell sind es 1%). Dies entspricht einer Verzehnfachung der Radwegfläche! Auch das im Fachkonzept Mobilität anvisierte Ziel, dass bis 2025 80 Prozent der Wege der Wiener*innen mit dem Umweltverbund (öffentlicher Verkehr, Radfahren, Zu-Fuß-Gehen) zurückgelegt werden sollen, zeigt den dringenden Handlungsbedarf für sichere Radwege zu sorgen.

Nachdem die Radlobby Wien, als größte Interessensvertretung Radfahrender, zum Prozess der Erarbeitung dieses 5-Jahres-Ausbauprogramms der Stadt Wien nicht eingebunden wurde, hat die Radlobby Wien nun den Ausbaubedarf in einer umfassenden Liste sowie in einem eigenen Basisnetz-Plan gesammelt.

Mit Beteiligung zum attraktiven Zielnetz

Mit einer Zusammenfassung bestehender Konzepte Zusammenarbeit mit den Radlobby-Bezirksgruppen entstand das Radlobby-Basisnetz. Es beantwortet diese zentrale Fragestellung:
Welche Straßenumbauten und Lückenschlüsse sind im Hauptradnetz der Stadt Wien für mehr Radverkehr auf überregionaler Ebene notwendig? Welche ausgewiesenen Lücken sind zu schließen bzw. welcher subjektiv unsichere Bestand zu verbessern?
Das Radlobby-Basisnetz formuliert erstmals den stadtweit verorteten Auftrag an die Politik, ihre Versprechen umzusetzen. Ziel ist das so wichtige zusammenhängende, komfortabel und sicher nutzbare Radnetz mit direkten Verbindungen zur deutlichen Steigerung des Radverkehrsanteils.

Das Radlobby-Basisnetz versteht sich als dauerhafte Anzeige der von der Radlobby geforderten Hauptradverbindungen. Es wird ab nun als Gradmesser von Seiten der Zivilgesellschaft dienen, ob die Stadt Wien und die Bezirke ihre Ausbauschwerpunkte richtig legen.

Das Radlobby Basisnetz

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Aufbau auf bestehenden Konzepten und Ideen

Als Grundlage für das Radlobby-Basisnetz dienten bestehende Planungen und Konzepte, ergänzt um neue Ideen. Folgende Quellen fließen beispielsweise in die Erarbeitung ein:

  • Hauptradverkehrsnetz der Stadt Wien, 1982 bis heute
  • Radschnellverbindungen der Stadt Wien, Korridore Rad-Langstrecken
  • „Ausbauprogramm Radverkehr 2021-2025“ der Stadt Wien, Entwurf
  • „Pop-Up-Radwege“ von Platz für Wien
  • Bisherige Forderungen der Radlobby Wien
  • Radverkehrskonzepte der Bezirke oder Stadtteile soweit vorhanden
  • Forderungslisten der Radlobby Orts- und Bezirksgruppen
  • „Dringlichste Radwege“-Studie der TU Wien
  • Masterplan Fahrradstraßen von komobile
  • „Lebensnetze der Mobilität“ des ÖAMTC
  • „Wiener Radwege“ – Vollversammlungs-Beschluss der Arbeiterkammer Wien
  • Forderungen von BürgerInnen-Initiativen zum Ausbau der Radinfrastruktur
  • Richtlinien für die Gestaltung von Radinfrastruktur - RVS Radverkehr, CROW Bicycle Traffic Design Manual
  • Radroutenempfehlungen aus der Radlkarte.at, von Radfahrenden für Radfahrende
  • Europäische Potenzialkarte der Radschnellverbindungen (Cycle Highway Manual, CHIPS; INTERREG)
  • Radverkehrsfrequenz auf Basis von offiziellen Zählungen (nast.at etc.) und verfügbare Heatmaps aus Anwendungen wie OpenStreetMap, BikeCitzens und Bikemap.

Auch die Verbindungen ins niederösterreichische Umland wurden miteinbezogen, denn die Planung von Radverkehrsnetzen endet nicht an Bezirks- oder Landesgrenzen. Ein System stadtweit miteinander verbundener hochwertiger Hauptverbindungen macht die Benützung des Fahrrads im Alltag attraktiv und ermöglicht gut funktionierenden Radverkehr.

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Offensichtliche, hochrangige Radverbindungen in hoher Qualität schaffen

Die Kartendarstellung zeigt, dass noch viel zu tun ist für das durchgängige Radnetz. Das Radlobby-Basisnetz orientiert sich an nationaler und internationaler Best-Practice: Das bedeutet: Geeignet sind sowohl geschützte bzw. baulich getrennte Wege auf Hauptstraßen als auch Fahrradstraßen und Begegnungszonen in Nebenstraßen und in verkehrsberuhigten Bereichen. Die Strecken im Radlobby-Basisnetz sollen für alle Alters- und Nutzer*innen-Gruppen intuitiv nutzbar sein. Das Netz orientiert sich an den durch die nationale Richtlinie RVS Radverkehr empfohlenen Maschenweite von 500 bis 1.000 Metern für Hauptradrouten bzw. den 250 Metern für Sammelrouten. Untergeordnete Verbindungen für die Flächenerschließung liegen zwischen diesen ausgewiesenen Hauptradrouten und sollten das gesamte Straßennetz umfassen. Grundsätzliches Ziel der Netzplanung ist das rasche überregionale Vorankommen in hoher Qualität einerseits und die Anbindung aller Wege sowie Quellen und Ziele andererseits.

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Sicherer Radverkehr braucht Platz

Bedenkern vor zu schnellem Fahrzeugverkehr bzw. die Abschreckung durch hohe Kfz-Belastungen zählen laut vielen Untersuchungen zu den Hauptgründen, warum Menschen nicht auf das Rad als Verkehrsmittel setzen. In innerstädtischen Straßenzügen kann nur echte Kfz-Verkehrsberuhigung á la Superblock mit Fahrradstraßen und Begegnungszonen (im Wohngebiet) oder qualitative Trennung mit Radwegen (an Kfz-Hauptstraßen) das Ziel des sicheren, attraktiven Radverkehrs herbeiführen. Radstreifenlösungen sind nur unter bestimmten Umständen, die Flüssigkeit, Sicherheit und Attraktivität für den Radverkehr zulassen, zielführend und sollen nicht als generelles Instrument eingesetzt werden.

Die flächendeckende Einführung des Parkpickerls in Wien ab März 2022 schafft eine günstige Möglichkeit, die dringend notwendige Umverteilung des öffentlichen Raumes zugunsten des Fuß- und Radverkehrs, wie im Koalitionsprogramm angekündigt, umzusetzen. Die Kapazitäten für den Radverkehr müssen zukunftsfähig für die gewünschte Erhöhung des Radverkehrs festgelegt und bei allen Baumaßnahmen berücksichtigt werden. Die Breitengestaltung von Radwegen muss Möglichkeiten zum Überholen und Nebeneinanderfahren bieten. Nur solche Anlagearten motivieren mehr Menschen, das Fahrrad als Verkehrsmittel im Alltag zu nutzen.