In Einbahnstraßen können Radfahrende von der vorgeschriebenen Fahrtrichtung ausgenommen werden. Diese sehr weit verbreitete und einfache Maßnahme ist ein Bestandteil der Stadt der kurzen Wege und erleichtert Wege mit dem Fahrrad enorm. Die Radlobby Wien hat 2015 und 2020 alle Einbahnen in Wien analysiert und veröffentlicht hier eine Bilanz.
Navigation:
- Einleitung
- Einbahnen generell öffnen
- Einbahnanalyse 2015-2020
- Vergleich der Bezirke 2015-2020
- Karte: alle Einbahnen in Wien
- Fazit
Einleitung
1986 wurde in Wien die allererste Einbahn für den Radverkehr geöffnet. Passender Weise war es die Frankenberggasse im 4. Bezirk, wo sich noch heute unser Shop befindet. Im Jahr 2000 waren insgesamt etwa 100 km Einbahnen in Wien geöffnet, 2020 sind nun etwa 354 der 813 Einbahnkilometer Wiens geöffnet.
Ausnahmen von der Einbahnregelung in geöffneten Einbahnen werden mittels einer Zusatztafel („ausg. Radfahrer“) an beiden Enden der Straße („Einbahn“ und „Einfahrt verboten“) kundgemacht. In Wohnstraßen ist das Radfahren in beide Richtungen erlaubt, unerheblich von der Einbahnregelung. Oft sind als Hinweis auf den Zweirichtungsverkehr zusätzlich Bodenmarkierungen (Radpiktogramme, Pfeile, tlw. Warnlinien) angebracht.
Entgegen mancher Behauptungen ist Radfahren gegen die Einbahn eine sehr sichere Anlageart. Die VerkehrsteilnehmerInnen sehen einander und können sich so – ohne Überraschung - der Situation angepasst verhalten. Besondere Vorsicht ist bei Kreuzungen angebracht: hier gilt im Regelfall der Rechtsvorrang (örtliche Verkehrszeichen können etwas anderes besagen), andere Fahrzeuglenker achten – trotz Zusatztafel bzw. Bodenmarkierungen etc. – nicht immer auf den Zweirichtungsverkehr in der Einbahnstraße.

Einbahnen generell öffnen
Zur Förderung des Radverkehrs gehört auch das Öffnen der Einbahnen. Dies ist eine einfache Maßnahme, Radverbindungen in Wien feinmaschiger und somit direkter zu machen. Dies erhöht auch die Sicherheit, da geöffnete Einbahnen vor allem in Kfz-verkehrsberuhigten Bereichen abseits von Hauptstraßen anzutreffen sind.
Von den mehr als 800 Kilometer Einbahnen in Wien sind nur 350 Kilometer für Radfahrende zum Befahren in beide Richtungen geöffnet. Dadurch müssen, gerade auf kürzeren Strecken im Grätzl, teilweise unverhältnismäßig große Umwege in Kauf genommen werden. Die Radlobby Wien fordert, jährlich 75 Kilometer Einbahnen für den Radverkehr zu öffnen. So können bis 2025 90% aller Einbahnstraßen im untergeordneten Straßennetz geöffnet werden. Hier die Verkehrswende-Petition Platz für Wien unterzeichnen: Platz für Wien!

Die Radlobby Wien hat Ende 2015 und Anfang 2020 eine Analyse aller Wiener Einbahnen durchgeführt und präsentiert im Folgenden die Ergebnisse. Danke an dieser Stelle an alle OpenStreetMap(OSM)-Mitwirkenden, die Stadt Wien sowie an unsere Aktivisten, im besonderen Markus Straub, der bei dieser Analyse tatkräftig unterstützte.
Einbahnanalyse 2015-2020
In der Radlobby-Analyse aller Wiener Einbahnen wurde auf digitale geografisch verortete Datensätze der Straßenzüge, der Einbahnen sowie der Radverkehrsanlagen zurückgegriffen. (OSM bzw. MA46) Die Merkmale für jeden einzelnen Straßenzug wurden in einer GIS-Software (Geoinformationssystem) verschnitten und pro Bezirk wurde daraus die Gesamtlänge zweier Straßentypen in Kilometern ermittelt.
Methodik:
Es wurden nur Einbahnen im untergeordneten Straßennetz berücksichtigt - also das Straßennetz ohne Hauptstraßen, Nebenfahrbahnen u.ä, aber inklusive Begegnungszonen aber exklusive Wohnstraßen und Straßen mit getrennten Richtungsfahrbahnen. Wohnstraßen wurden ausgenommen weil Radfahren gegen die Einbahn laut StVO immer gestattet ist. Auch Richtungsfahrbahnen sind keine "echten" Einbahnen aus Sicht dieser Analyse da sie zu keinen vergleichbar großen Umwegen führen.
Als geöffenete Einbahn wurde eine Straße berücksichtigt, die eine Einbahn laut obiger Definition ist und das Radfahren in beiden Richtungen erlaubt. In den meisten Fällen findet das Radfahren gegen die Einbahn auf der Fahrbahn statt, es wurden aber auch parallel geführte bauliche Radwege oder Geh-&Radwege gezählt.
Die Ergebnisse wurden in mehreren Iterationen berechnet, gesichtet und in vielen Stichproben überprüft. Kartenfehler wurden bereits in der OSM korrigiert bzw. an die MA46 zurückgemeldet und die Analyse aktualisiert. Die hier veröffentlichten Zahlen können mit Stand 07/2015 bzw. 02/2020 erfahrungsgemäß als sehr vollständig bezeichnet werden.
Wienweit hat gab es 2015 etwa 266 km geöffnete Einbahnen, bis 2020 beträgt dieser Wert 354 km. In Wien hat sich der Anteil der geöffneten Einbahnen zwischen 2015 und 2020 von 34 auf 44 Prozent erhöht.

Vergleich der Bezirke 2015-2020
Aus den beiden Gesamtlängen der Einbahnen und geöffneten Einbahnen (s.o) wurden bezirksweise drei Ergebnisse berechnet.
- Einbahnen in Kilometern
- Anteile der Einbahnkilometer
- Anteile der geöffneten Einbahnen (Bezirksreihung)
In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse in Grafiken dargestellt und Schlüsselerkenntnisse kommentiert. Die Zusammenfassung finden Sie im Fazit.
Einbahnen in Kilometern

In dieser Grafik sind die absoluten Längen der Einbahnen nach Bezirken abgebildet; unterteilt in geöffnet (2015), geöffnet (2015-20) und nicht geöffnet (2020).
Gut erkennbar sind die drei Flächenbezirke Floridsdorf, Donaustadt und Liesing mit je über 60 Einbahnkilometern. Transdanubien weist pro Bezirk jedoch etwa 45 km geöffnete Einbahnen auf, während es in Liesing bloß etwa 13 sind. Bemerkenswert sind auch die Längen in Favoriten. Insgesamt gibt es hier mehr Einbahnen als in jedem anderen Bezirk, gleichzeitig hat auch kein anderer Bezirk so viele nicht geöffnete Einbahnkilometer.
Favoriten hat so viele nicht geöffnete Einbahnen wie die Bezirke 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 18 und 20 zusammen! Die wenigsten geöffneten Einbahnen gibt es auch in Döbling, knapp gefolgt von der Brigittenau, Simmering und Penzing. Diese Außenbezirke haben sogar weniger Einbahnen geöffnet als vergleichsweise kleine Innenbezirke wie Wieden, Margareten, Mariahilf, Neubau und Josefstadt.
Die Brigittenau weist insgesamt – trotz ihrer Größe – relativ wenige Einbahnen auf; nur etwa halb so viele wie der Nachbarbezirk Leopoldstadt. Die Landstraße hat mit über 40 Kilometer die meisten Einbahnen aller Innenbezirke.
Anteile der Einbahnkilometer

In dieser Grafik sind die relativen Anteile der Einbahnkilometer abgebildet; ebenfalls unterteilt in geöffnet (2015), geöffnet (2015-20) und nicht geöffnet (2020). 100% = Alle Einbahnen im untergeordneten Straßennetz (s.o.).
Den höchsten Anteil an geöffneten Einbahnen hatte lange Zeit der Alsergrund. Bis 2020 aber wurde er von den beiden Durchstartern Währing und Leopoldstadt überholt – diese haben nun knapp die Führung übernommen.
Den geringsten Anteil an geöffneten Einbahnen hatte 2015 und 2020 Döbling; knapp gefolgt von Favoriten und Liesing. Hier ist bloß einer von zehn Einbahnkilometern geöffnet, in Favoriten und Liesing bloß zwei von zehn. In den hinteren Reihen stehen die Bezirke Penzing, Simmering, Hernals und Brigittenau. Hier sind typischerweise weniger als vier von 10 Einbahnkilometern geöffnet.
Gut erkennbar sind die Innenbezirke 1 bis 9 in der linken Hälfte, die – bis auf Wieden – mit einem Anteil von über 50% an geöffneten Einbahnen glänzen. Mit knapp 60 Prozent geöffneten Einbahnen punkten auch die Bezirke Floridsdorf und Donaustadt – das jahrelange Wirken der Radagenda 22 zeigt sich hier merkbar.
Anteile der geöffneten Einbahnen (Bezirksreihung)

