Vassilakous Radbilanz: Zu wenige Km, zu kleine Zahlen

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Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und die Mobilitätsagentur haben die Rad-Bilanz der grünen Verkehrsregierungsjahre 2010-2014 präsentiert. Seit 2010 wurden laut dem Bericht rund 30 Millionen Euro in die Rad-Infrastruktur investiert, parallel wuchs der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr von 4,6 Prozent bis 2014 auf  7,1 Prozent. Bekannterweise hat sich das Rot-Grüne Regierungsprogramm für 2015 10 Prozent zum Ziel gesetzt – das wurde deutlich verfehlt.

Die zweite Zahl in der Gleichung von 4,6 Prozent Modal Split divergiert zwar von den im Rad-Report 2012 angegebenen 5,0 Prozent, dafür ist aber laut Mobilitätsagentur eine Zählungsumstellung verantwortlich: Die Zahl 4,6 ist die richtige für 2010. Abgesehen davon ist aber der Zuwachs an Radverkehrsanteil akzeptabel, und das 10 Prozent Ziel hat zumindest als Ansporn für eine vorbildliche Radkampagne 2013 ihren Zweck erfüllt. Und 10.000 Radstellplätze mehr ist beeindruckend! Dennoch bleiben auch seitens Radlobby einige Kritikpunkte bestehen: Zu wenig gute Radinfrastruktur, wichtige Lückenschlüsse fehlen, und auf Bezirksebene ist der Radverkehr noch nicht angekommen.

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Für die Unterschiede der Zahlen vom Rad-Report 2012 zum aktuellen Bericht 2015 ist laut Mobilitätsagentur eine Zählungsumstellung zum damaligen Zeitpunkt verantwortlich, die aktuelle Zahl 4,6% im Jahre 2010 ist seitens Stadt Wien gültig: “Der Wert von 4,6 Prozent für den Modal Split des Radverkehrs im Jahr 2010 ist in der Grafik korrekt angegeben. Im Jahr 2012 bei Erstellung des ersten Fahrrad Reports wurden für das Jahr 2010 und das bis dahin letzte Jahr 2011 die gerundeten, damals der Mobilitätsagentur zur Verfügung stehenden Zahlen herangezogen. Hintergrund: seit dem Jahr 2010 führt ein neues Unternehmen die Modal-Split-Erhebung durch.”, so Radbeauftragter Martin Blum zur Radlobby.

Qualität und Quantität

Wichtiger als Zahlenspiele im Promillebereich sind aber die Qualitätsansprüche, die man an zukunftsfähige Radinfrastruktur stellen muss. Da wurden auf der politischen Ebene mit dem „Grundsatzbeschluss Radverkehr“ und auf der planerischen Ebene mit dem Langtsreckenplan wichtige Schritte gesetzt, die nun punktuell erste positive Auswirkungen zeigen, wie mit dem Umbau der Margaretengürtel-Radweg-Falle, der ja auch die “Goldene Speiche 2014” bekam. Abgesehen von seltenen Highlicghts sieht die Radlobby Wien (ARGUS & IGF) folgende Hauptkritikpunkte:

  • Der Paradigmenwechsel auf Bezirksebene fehlt noch für die Umsetzung des „Grundsatzbeschlusses Radverkehr“.
  • Bei wichtigen Routen und „Leuchtturmprojekten“ fehlte die Konsequenz (Währingerstraße und Getreidemarkt)
  • Planungssünden werden weitergeführt, vor allem Mehrzweckstreifen in Mindestbreite neben Parkern (zB am neuen Kagraner Platzl)
  • Radverkehr ist noch nicht per se zu Berücksichtigung bei Straßenprojekten vorgesehen (zB Kreuzung Augarten / Taborstraße)
  • Der Ringradweg ist trotz ambitioniertem Lückenschlussprogramm nicht zukunftsfähig
  • Echte Fahrradstraßen im Stadtbereich fehlen noch

Diese Sachkritik ist der Verkehrsstadträtin bekannt, die nächsten Jahre werden zeigen ob sie fruchtet und Wien den angepeilten Status – un die dazugehörigen Zahlen – erreichen kann. Dazu gehören auch höhere Zahlen im Budget: 18€ pro Kopf schlägt der Deutsche Masterplan Radfahren vor, das wären in Wien jährlich ca. 34 Mio €. Und damit soviel wie Paris sich soeben verordnet hat (150 Mio € bis 2020)

Medienecho und Bezirksblockaden

Der Kurier zitiert Vassilakou mit “Es hat sich in den vergangenen Jahren viel bewegt, wenn auch zu langsam”. Für das Scheitern der beherzten grünen Radverkehrspläne hat Vassilakou einen Hauptverantwortlichen ausgemacht: “Rund 80 Prozent der Maßnahmen im Bereich Radfahr-Infrastruktur fallen in die Kompetenz der Bezirke. Einige davon haben genau Null unternommen”. Gerade die Leopoldstadt, vor wenigen Jahren noch als “radfreundlich” vom KfV geehrt, hat im Zeitraum 2010-2014 mit knapp 6.300 € am wenigsten für den Radverkehr ausgegeben.

Wenn also Elias Natmessnig im Kurier die “Grüne Radlosigkeit” so lösen möchte: “Dafür müssten die Grünen aber über ihren Schatten springen und den Dialog mit den Bezirken suchen.” dann macht die Radlobby eher einen Mangel an offenem Ohr und zukunftsgewandtem Handeln bei den Bezirksvorstehungen selbst fest. Zahlreiche Beweise dafür häufen sich in unserem RadKummerKasten.

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