Steuerbonus nur für Sportler?

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Der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, möchte die Bevölkerung animieren, mehr Freude am Sport zu entdecken. Gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Wien und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger fordert er einen Steuerbonus für Freizeitsportler. Ziel ist es, die Gesundheit der Menschen wieder in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung und der Politik zu rücken. Die Radlobby fragt: Warum nicht einen Steuerbonus für alle Menschen, die aktive Mobilität leben? 

Ansatz gut

Der Ansatz ist an sich gut: Mehr Menschen in Österreich sollen dank eines Steuerbonus zu regelmäßigem Sport motiviert werden, um damit etwas zur Prävention von Krankheiten beizutragen. „Seit Jahren engagieren wir uns im Bereich Prävention und Vorsorge und versuchen auch, mittels Informationsoffensiven zum Thema Ernährung und Bewegung den Vorsorgegedanken in der Bevölkerung zu festigen“, begründet der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, die Initiative und bewertet diese als „präventivmedizinisch wichtig“ und als „Weg in die richtige Richtung“. Szekeres zu Folge müssen in Österreich bessere Anreize für mehr Bewegung geschaffen werden. Dies sei besonders wichtig, weil „der Drang nach Bewegung im Alter zwischen zehn und 15 Jahren abnimmt, während hingegen wissenschaftliche Studien die herausragende Bedeutung eines regelmäßigen Bewegungstrainings bestätigen“. Eine zentrale Forderung der Allianz ist die steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen für Sportvereine oder gewerbliche Sporteinrichtungen wie beispielsweise Fitnesscenter oder Tennisclubs. In dem von der Wiener Ärztekammer, der Wirtschaftskammer Wien und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger präsentierten Modell sollen max. 600 Euro pro Kalenderjahr im Rahmen des Steuerausgleichs geltend gemacht werden können. Dafür müssen mindestens sechs Monate Mitgliedschaft nachweisbar sein.

Radlobby ortet Adaptionsbedarf

Genau hier sieht die Radlobby jedoch das Problem: viele Menschen, die täglich aktive Mobilität leben, sind in keinem Sportverein eingeschrieben. Sie nutzen beispielsweise jeden Tag das Fahrrad als Transportmittel. Auch, bzw. ganz besonders, diese Menschen sollten einen Steuerbonus erhalten, denn sie leisten tagtäglich einen wichtigen Beitrag. Durch die Primärprävention Radfahren fördern sie die eigene Gesundheit, Krankheiten wie Diabetes und Übergewicht können frühzeitig vermieden werden und für das Gesundheitssystem fallen keine Kosten für Behandlungen von Krankheiten an, deren Ursachen in mangelnder körperlicher Aktivität zu suchen sind. Auch anfallende Kosten durch Pflegebedürftigkeit, Frühpensionen und Verdienstverluste infolge von Krankenstandstagen können drastisch gesenkt werden. 
Laut Studien verursachen körperliche Inaktivität 2,4 Mrd. Euro Kosten, während das Gesundheitsbudget allein durch die regelmäßige körperliche Bewegung der Österreicher um rund 500 Mio. Euro weniger belastet wird: „Wollen wir das Gesundheitssystem entlasten, müssen wir dort ansetzen, wo die meisten Kosten entstehen – bei der Behandlung von Zivilisationskrankheiten“, so Alexander Biach, Vorstandsvorsitzender des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

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Positive Lebensveränderung 

Szekeres richtete einen Appell an die Bevölkerung, durch aktiven Sport die eigene Gesundheit positiv zu beeinflussen: „Legen Sie durch Freude am Sport die Basis für eine positive Lebensveränderung. Wer sich regelmäßig bewegt und aktiv Sport betreibt, weiß aus eigener Erfahrung: Jeder Schritt zählt – für mehr Lebensfreude und Gesundheit.“

Wenn jeder Schritt und jeder geradelte Kilometer also wirklich zählt, dann braucht es laut Radlobby eine Erweiterung des Appells: Wählen Sie aktive Mobilität! Integrieren Sie Bewegung in Ihren Alltag! Radfahren und zu Fuß gehen sind in den häufigsten Fällen nicht schweißtreibender Sport, sondern eine entspannte und gesunde Möglichkeit, von A nach B zu kommen. 

„Wer sich viel bewegt, hat oft auch ein größeres Interesse an gesundheitsförderlichem Essverhalten“, so der Wiener Ärztekammerpräsident. Weiteres betonte er, dass Bewegung, Ernährung und Körperhaltung wichtige Komponenten der Gesundheit sind – insbesondere bei Kindern, weshalb sie als untrennbare Einheit gesehen werden sollten. 

Vorbild Schweden

Vorbild für diese Idee der steuerlichen Absetzbarkeit ist Schweden, wo 70 Prozent der Bevölkerung im Alter von sieben bis 70 Jahren sportlich aktiv sind und die Hälfte der Schweden in einem Sportbetrieb bzw. Sportverein sind. Zum Vergleich: Hierzulande sind 8,6 Prozent der Bevölkerung in einem Fitnesscenter eingeschrieben. Dabei zeigt eine aktuelle Umfrage von MAKAM-Research, dass die Menschen durchaus über die Vorteile regelmäßiger Bewegung informiert sind. Immerhin 89 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass sportlich aktiv zu sein ein gesünderes Leben bedeutet. Die Studie ergab auch, dass ein Steuerbonus 44 Prozent der Wiener Bevölkerung zu mehr Sport motivieren würde, während 64 Prozent der Meinung sind, dass Mitgliedsbeiträge für Sportvereine oder Fitnessstudios steuerlich absetzbar sein sollten: „Ein kleiner steuerlicher Anreiz kann große Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in diesem Land haben. Investieren wir heute in die Fitness der Bevölkerung, dann gibt es morgen weniger Kranke“, so Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien. 

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Finanzielle Entlastung

Auch Markus Grießler, Obmann der Wiener Tourismus- und Freizeitwirtschaft, befürwortet regelmäßige Bewegung und sieht diesen Schritt als richtigen Weg: „Sehr gut wäre es, wenn jeder Österreicher regelmäßig Bewegung machte. Wenn der Steuerbonus umgesetzt wird, wäre das ein revolutionärer Schritt für ein sportlicheres Österreich“, so Grießler. Die starke Allianz aus der Wiener Ärztekammer, der Wirtschaftskammer Wien und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist davon überzeugt, dass für ein gesünderes Österreich die Steigerung der Gesundheit, die Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten und die Entlastung des Gesundheitssystems von zentraler Bedeutung sind.

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Forderungen anpassen

Die Radlobby freut sich über Thomas Szekeres Forderungen, gleichzeitig ist nicht ganz verständlich, warum das Hauptaugenmerk auf Sportler und Sportvereine gelegt wird und nicht auf aktive Mobilität. Gerade jene Menschen, die tägliche Wege mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück legen, sind längerfristig gesünder als jene, die mit Auto oder Öffis fahren. Es braucht also eine Adaption der vorgeschlagenen Maßnahmen, um mehr Menschen in ihrer alltäglichen aktiven Mobilität zu unterstützen. 

Quelle: Periskop 

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