Sachstandsbericht Mobilität – Alarmstufe dunkelrot

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Das Umweltbundesamt hat die Endversion des Sachstandsberichts Mobilität online veröffentlicht. Dieser zeigt klar: Mit allen in der Klima- und Energiestrategie angeführten und berechneten Maßnahmen können die klimaschädlichen Treibhausgase im Verkehr bis 2030 nur um rund 5,5 Millionen Tonnen reduziert werden. Damit wird die Bundesregierung ihr selbstgestecktes - und niedrig angesetztes - Ziel von ursprünglich 7,2 Millionen Tonnen bis 2030 verfehlen. 

Sofortiges Handeln überfällig

Damit wir unsere Klimaziele erreichen können, müssen im Verkehrsbereich bis zum Jahr 2030 7,2 Mio. Tonnen CO2-eingespart werden. Durch die steigenden Emissionen erhöhte sich die Reduktionsanforderung mittlerweile auf 7,9 Mio. Tonnen CO2. Mit den bestehenden Maßnahmen können nur nur 1,1 bis 2,5 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Es gibt also massiven Handlungsbedarf im Verkehrssektor.
Im Sachstandsbericht Mobilität des Umweltbundesamts wurden Maßnahmen untersucht, wie die CO2-Emissionen reduziert werden können. In der nun online gestellten Fassung des Berichts, sind Maßnahmen enthalten, die in Summe rund 6 Mio. Tonnen CO2 im Verkehrsbereich einsparen können. Dazu gehören mehr Investitionen in den Öffentlichen Verkehr, eine Qualitätsoffensive für das Zu-Fuß-Gehen und Radfahren, die Schaffung von besseren Rahmenbedingungen für die E-Mobilität, inklusive einer Beendigung des Diesel-Privilegs, eine City-Maut in Hauptstädten, Oberleitungen auf Autobahnen um LKWs in Zukunft elektrisch zu betreiben und niedrigere Tempolimits auf Autobahnen. Im Bericht werden die Vorteile aufgelistet: Niedrigere Tempolimits wirken sofort, reduzieren weitere Luftschadstoffe, erhöhen die Verkehrssicherheit und verursachen keine wesentlichen Kosten. Untersucht wurde auch, welche Maßnahmen auf hohe Akzeptanz stoßen. So war eine Mehrheit der Befragten für eine Abschaffung der steuerlichen Privilegien für Diesel (52 Prozent), 59 Prozent der Befragten können sich vorstellen, in Zukunft häufiger mit dem Rad zu fahren und 54 Prozent häufiger Bahn und Bus zu nutzen.

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Die Temperatur in Österreich steigt drastisch an 

Scharfe Kritik und klare Forderungen

Sowohl Greenpeace als auch Global 2000 wendeten sich sofort öffentlich an den Verkehrsminister Norbert Hofer:
Greenpeace fordert, ab 2028 keine neuen Diesel, Benziner und Hybride mehr neu zuzulassen und alle 50 vom Umweltbundesamt vorgelegten Maßnahmen umzusetzen. „Der Verkehr ist das größte Sorgenkind der Klimapolitik in Österreich. Verkehrsminister Norbert Hofer muss sofort handeln: Wir können die Klimaziele nur erreichen, wenn ab 2028 keine neuen Diesel, Benziner und Hybride mehr verkauft werden“, sagt Adam Pawloff, Klimaexperte von Greenpeace in Österreich. „Minister Hofer muss die Verkehrswende jetzt einleiten: Die heimischen Expertinnen und Experten empfehlen dafür, das Verkehrssystem grundlegend umzustellen. Als wirkungsvollste Einzelmaßnahmen sind im Endbericht Tempolimits, Citymaut und Steueranpassungen gelistet. Hofer muss alle Vorschläge umsetzen und kontraproduktive Maßnahmen wie Tempo 140 sofort stoppen“.

Auch die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 sieht Verkehrsminister Norbert Hofer in der Pflicht, endlich zu handeln: „Ohne Mobilitätswende kann Klimaschutz in Österreich nicht gelingen. Staus, Luftverschmutzung und Lärm sind zudem eine große Belastung für die österreichische Bevölkerung. Verkehrsminister Hofer muss sauberer und leistbarer Mobilität zum Durchbruch verhelfen, statt mit kontraproduktiven Vorhaben wie Tempo 140 noch mehr Zeit zu verschwenden“, mein Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

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10% der jährlichen Mineralölsteuereinnahmen für Rad- & Fußverkehr

Die Radlobby nimmt nicht nur den Verkehrsminister, sondern auch Umweltministerin Elisabeth Köstinger in die Pflicht, hier effizient zu handeln: 

„Neue Mobilitätsoptionen als Alternative zum heutigen Autozwang bringen deutliche CO2-Einsparungen. Menschen müssen die Freiheit und die Rahmenbedingungen haben, das Auto immer öfter stehen zu lassen. Es muss eine deutliche Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr und das Radfahren stattfinden, um die Klimaziele zu erreichen. Damit mehr Menschen ihre Alltagswege mit dem Fahrrad zurücklegen, braucht es sichere und qualitative Radinfrastruktur sowie ein engmaschiges Radverkehrsnetz. Damit die Mobilitätswende gelingt sind jetzt Gemeinden, Länder und der Bund aufgerufen, gemeinsam ein zeitgemäßes Radverkehrsbudget von dreißig Euro pro Einwohner und Jahr zur Verfügung stellen. Bundesmittel gehören hier deutlich erhöht, nicht eingestellt“ erklärt Sprecher Roland Romano.

Die Abwendung der Klimakrise ist die größte Aufgabe des Jahrhunderts. Damit das gelingt, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Klimaverträgliches erleichtert und zum Standard macht. Hier ist die Regional- und Bundespolitik gefordert, eine vollständige Abwälzung auf die/den Einzelnen im persönlichen Umfeld ist unzulässig.
Im Verkehrsbereich heißt dies das Angebot zu schaffen, um die Nachfrage/Nutzerzahlen zu bekommen. Beim Versprechen der Bundesministerin Köstinger, den Ländern mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und des Radverkehrs zukommen zu lassen, um damit den Umstieg überhaupt zu ermöglichen, drängte Landesrat Rauch bereits bei einer Diskussion im Dezember 2018 auf dringende Umsetzung. Sein Vorschlag für die Finanzierung lautet: Zehn Prozent der jährlichen Mineralölsteuereinnahmen werden zweckgewidmet - genau dafür. Damit stünde ein jährliches Budget von 440 Millionen Euro für den öffentlichen Verkehr und den Radverkehr bereit. Diese Summe beträgt das Zehnfache der bisherigen nationalen Radverkehrsinvestitionen und in etwa jener Größenordnung, welche die Radlobby Österreich als notwendig erachtet.

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Hintergrund 

Am 24. September 2018 wurden medienwirksam vom BMVIT, BMNT und zahlreichen VertreterInnen der Bundesländer Leitprinzipien für einen gemeinsamen Aktionsplan "Wettbewerbsfähige und saubere Mobilität 2030“ vorgestellt. Davor hatte eine Enquete im Parlament stattgefunden, bei der auch die Radlobby an der Diskussion teilnahm und klar stellte, dass Radinvestment dringend notwendig für die Erreichung der Klimaziele ist. 

Seither ist es still geworden rund um den Aktionsplan und die Emissionen des Verkehrssektors steigen weiter: Seit 1990 sind die Emissionen im Verkehrsbereich um rund 72 Prozent gestiegen. Es ist der Bereich, wo wir am weitesten von unseren Klimazielen entfernt sind.

Große Hebel sofort in Gang setzen

Große Hebel müssen jetzt in Gang gesetzt werden. Dazu braucht es eine ökologische Steuerreform (nicht erneuerbaren Energien müssen massiv besteuert werden), der Faktor Arbeit muss entlastet werden und Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Verhaltensveränderungen herbei zu führen. Mindestens zehn Prozent der jährlichen Mineralölsteuereinnahmen sollen dem Öffentlichen Verkehr und dem Radverkehr zweckgewidmet werden. Wenn schon nicht aus Umweltgründen, dann zumindest aus ökonomischen Gründen. Wenn die Klimaziele nicht erreicht werden, richtet Österreich bis 2050 jährliche Klimschäden in der Höhe von 8 Milliarden Euro an. Die Kosten des Nicht-Handelns sind also deutlich höher als jene des Handelns.

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