Sachstandsbericht Mobilität 

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Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon lange nicht mehr zu leugnen und müssen ernst genommen werden. Der kürzlich vom Umweltbundesamt herausgegebene „SACHSTANDSBERICHT MOBILITÄT“ soll mögliche Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele 2030/2050 für eine zunehmend CO2-neutrale Personen- und Gütermobilität aufzeigen und deren Effekte quantifizieren.  
Die Radlobby hat einen genaueren Blick darauf geworfen. 

Maßnahmen

Der globale Temperaturanstieg von 1880-2014 beträgt +0,85°C, in Österreich sind es +2°C . Ein globales 2°C Ziel könnte für Österreich + 4°C bedeuten. Die Folgen wären Trockenheit und Hitzeperioden mit über 30 °C im „WorstCase-Szenario“.
Österreich muss bis 2050 die CO2 Emissionen auf nahezu Null senken und so wie alle Industriestaaten aus der Nutzung fossiler Energieträger aussteigen. Eine Beibehaltung heutiger Emissionsniveaus braucht das Budget Österreichs bereits deutlich früher auf (2035). Die #mission2030 strebt eine Verkehrs-Reduktion von – 36% mit einem Zielwert von 15,7 Millionen Tonnen Treibhausgase für den Transportsektor 2030 und -7,2 Millionen Tonnen generell an. Die Leitlinie für gemeinsames Handeln lautet: vermeiden, verlagern, verbessern. 

60% der Befragten können sich gut vorstellen, in Zukunft häufiger mit dem Fahrrad zu fahren

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Welche konkreten Maßnahmen schlägt die Regierung also vor? Die Kürzung des Radverkehrbudgets und Tempo 140 werden der Leitlinie nicht gerecht. 

Schwerpunkt Technologie

Der Sachstandsbericht schlägt alternative Antriebe wie Verbrennungskraftmaschinen und Elektromotoren, sowie alternative Kraftstoffe vor. Biokraftstoffe, synthetische Kraftstoffe aus Strom (Wasserstoff, E-Fuels) und Strom werden aufgelistet. Wie kann man das in die Praxis umsetzen? Es braucht gute Rahmenbedingungen für den Ausbau der Elektromobilität (Öffentlicher Verkehr und Individualverkehr):

  • Masterpläne
  • saubere Energie im Verkehr
  • Aufbau einer Infrastruktur
  • Abbau der rechtlichen Hemmnisse
  • Auch die ökonomische Rahmenbedingungen müssen passen: Es braucht günstigere Energieträger, Vorsteuerabzug, Sachbezugsregelung 
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Bewusstseinsbildung und Begleitung 

Bestehende Verkehrsträger sollen stärker intermodal verknüpft werden, man will „gänzlich neue Verkehrsservices und Dienstleistungen“ einführen und „klare Rahmenbedingungen für klimafreundliche Mobilitätslösungen“ geben, zudem soll mehr Transparenz in der Angebotsvielfalt von Mobilitätsoptionen herrschen. Besonders spannend ist, dass die Weiterführung und der Ausbau von Begleitprogrammen als Maßnahme angeführt werden und klimaaktiv mobil als einziges Beispiel herangezogen wird. Das verwundert insofern besonders, als erst kürzlich die einzigen Bundesmittel im Radverkehr - die klima:aktiv mobil - rückwirkend mit 1. August 2018 bis zum Jahresende eingestellt wurde. 
Offenbar wird also hier nicht ganz praktiziert, was man predigt. 

Personenverkehr 

  1. Als erste Maßnahme im Personenverkehr wird die „Anpassung der generellen Höchstgeschwindigkeit für Pkw auf Autobahnen und Autostraßen“ angeführt. Man schreibt über die Absenkung der generellen Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h auf Autobahnen und Schnellstraßen für alle Pkw ausgenommen emissionsfreie Fahrzeuge (für diese gelte weiterhin die generelle Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h).  Dies wirkt in Anbetracht der Tatsache, dass Verkehrsminister Norbert Hofer seit August 2018 für ein Jahr Tempo 140 auf Österreichs Autobahnen – und zwar nicht nur für E-Autos- testet, fast schon grotesk. Tempo 140 bringt minimalen Zeitgewinn, aber deutlich höheren Treibstoffverbrauch, mehr Schadstoffemissionen pro gefahrenem Kilometer und höhere Lärmbelastung 
  2. Die Maßnahme Nr. 2 zum Personenverkehr sieht einen Einbezug von Umwelt- und Klimapolitik in die Raumplanung vor. Bei dieser Maßnahme wird angenommen, dass es zur Verdichtung der Ortskerne und Verkürzung der Wege kommt. „Wohnbauförderung, Stellplatzverpflichtung, Ökologisierung der Pendlerpauschale, Baulastträgerschaft bei Straßenbau im Ortsgebiet und Anpassung der Grundsteuerbefreiung von Verkehrsflächen führen erst gemeinsam zu einer Raumplanung, die den zukünftigen Anforderungen gerecht wird.“ heißt es.
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  1. Maßnahme Nr. 3 ist die City-Maut für Pkw in den Hauptstädten. Ab 2025 möchte man mindestens zwei, idealerweise aber vier Euro pro Einfahrt verlangen, emissionsfreie Fahrzeuge sind freigestellt. 
  2. Maßnahme Nr. 4 ist die Erhöhung der Investitionen zur Verdichtung des öffentlichen Verkehrs. Dafür braucht es laut Sachstandsbericht die Erhöhung der Infrastruktur-Investitionen von 2,5 auf 3 Mrd. € ab 2025, ebenso eine lineare Reduktion der Ticketpreise um 25% und eine Erhöhung des Elektrifizierungsgrades der ÖBB Strecken auf 100 %. Außerdem sollen 100% des Strommix der Schiene aus erneuerbaren Energieträgern kommen. Die Wichtigkeit dieser Maßnahmen unterstreicht eine Umfrage des GfK Austria. 67 Prozent der Befragten gaben an, sie würden die Öffis häufiger nutzen, wenn die Anbindung besser wäre, für 43 Prozent spielte der Preis eine wichtige Rolle und 31 Prozent wüns​chten sich kürzere Fahrzeiten. 
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  3. Maßnahme fünf ist die Qualitätsoffensive für das Zu-Fuß-Gehen und Radfahren. Was hier besonders verwundert ist, dass man den Fuß und Radverkehr bis 2050 um nur 2% steigern will. Eine in Auftrag gegebene Umfrage hat ergeben, dass für die häufigere Nutzung des Fahrrads folgende Voraussetzungen gegeben sein müssen:
  • Ausbau der Fahrradinfrastruktur (43%)
  • Sichere Fahrradinfrastruktur (43%)
  • Kürzere Wege (31%)
  • Weniger Autoverkehr (27%)
  • Mehr und sichere Abstell-Möglichkeiten (26%)
  • Mehr Radschnellverbindungen (21%)
  • Radrouten mit geringerem Anstieg (19%)

Hierzu hat die Radlobby schon früh darauf hingewiesen und bestärkt nun erneut die Forderung, ein nationales Radverkehrsbudget von 30 €/Einwohner/Jahr zu investieren. Was mit den resuliterenden 300 (statt 24) Millionen Euro erreicht werden kann, finden Sie hier:

Radlobby-Forderung: Drei Milliarden Radverkehrsbudget in Österreich

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Fazit des Berichts: Aufgrund des Bevölkerungswachstums (2010 auf 2050 +14%) und steigender Motorisierung (2010 auf 2050 +29%) nimmt die Pkw-Fahrleistung zwischen 2010 und 2050 um rund ein Drittel zu.  Ohne konkrete Maßnahmen und spezielle ökonomische Rahmenbedingungen, sind die gesetzten Ziele im PKW Verkehr nicht erreichbar. Technologie und Infrastruktur sind hier entscheidend, beispielsweise sollten PKWs vorwiegend elektrisch betrieben werden. Auch der Radverkehr sollte erheblich gesteigert werden, Radinfrastruktur ausgebaut werden. Die Radlobby hat dazu die Forderung nach Drei Milliarden Radverkehrsbudget in Österreich platziert.

Güterverkehr

Im Güterverkehr sind folgende Maßnahmen besonders erwähnenswert: 

  • Einführung eines elektrifizierten Systems auf dem hochrangigen Straßennetz (z.B. Oberleitungen)
  • Verlagerungsmaßnahmen vom Straßen- auf den Schienengüterverkehr
  • Flächendeckende LKW-Maut (Road Pricing)
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Ausblick 

Der Bericht fasst zusammen:

  • Der Einsatz der klimafreundlichsten Technologien im Bereich Kraftstoffe und Antriebssysteme ist unabdingbare Voraussetzung zur Erreichung der Klimaziele 2030 und zur Dekarbonisierung des Transportsystems bis 2050
  • Ökonomische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen sind rasch zu schaffen 
  • Ein Bündel an ökonomischen, legistischen, infrastrukturellen und bewusstseinsbildenden Maßnahmen ist notwendig
  • Positive Effekte des Mobilitätswandels ergeben sich fast in allen Umweltbereichen, hier führen Klimaschutzmaßnahmen zu einer Reduktion in den Bereichen Lärm und Luftschadstoffemissionen
  • Ein Mobilitätswandel ist mit Beibehaltung der derzeitigen Mobilitätsmuster nicht möglich
  • Es braucht eine positive Vision der Verkehrszukunft - sauber, inklusiv, leistbar, gesund und umweltfreundlich
  • Chancen für Wirtschaft zur Entwicklung von innovativen Systemlösungen und Technologien im Heimmarkt und Ausbau ihrer Leitanbieterrolle für Export nutzen