
5.000 Unterschriften in einer Woche. Hunderte bei einer Protestfahrt. Wegen eines einzigen Radweges: Im April war das Überqueren der Donau in Linz am Rad für kurze Zeit sicher. Denn de facto ohne Vorankündigung waren auf der Fahrbahn der Nibelungenbrücke Radspuren „aufgepoppt". Doch die Freude währte kurz: Alles ist wieder, wie es eh immer war.
Nachbetrachtung: Tom Rottenberg
Kurz herrschte so etwas wie Aufbruchsstimmung,“ erinnert sich Florian Sch. an die ersten Apriltage in Linz. Sch. ist Arzt, Vater – und Stadt-Radfahrer. „Weil das Rad trotz allem in Linz das schnellste Verkehrsmittel ist.“ Abgesehen von diesen drei Schlagwörtern, passte – zumindest Mitte April – noch eines auf den Radiologen: Er war sauer, „richtig sauer." Denn das, was Sch. zuvor in Aufbruchsstimmung versetzt hatte, hatten die Stadt- und Landesgewaltigen gerade wieder abgeschafft. So schnell und hastig, wie es kurz zuvor gekommen war: die Radspur auf der Nibelungenbrücke.
Eine 85 cm schmale Radspur
Die Geschichte ist mittlerweile zu Tode erzählt. Darum nur kurz: Jährlich rollen über eine Million Fahrräder über die Nibelungenbrücke. Dafür stehen – pro Fahrtrichtung – 85 cm Radspur zur Verfügung: Ein kleiner Fahrfehler – und man landet 20 cm tiefer zwischen den Autos, Oder kollidiert mit den, nur durch einen blassenden Strich vom „Radweg“ getrennten Fußgänger*innen. Deren Gehsteig ist knapp zwei Meter breit – die Autos aber breiten sich auf sechs Spuren aus.
All das ist so bekannt wie untragbar: Seit Jahren verspricht die Politik Lösungen, wartet dann aber doch immer ab. Zuletzt – im November 2024 – wäre die Gelegenheit günstig gewesen: Dank der Eröffnung der benachbarten Donautal(auto)brücke rollte der Verkehr auf der Nibelungenbrücke dünner. Kurz, aber eben doch. Nur: In Linz war gerade Bürgermeisterwahlkampf …
Radspur und Shitstorm
Anfang April war der lange vorbei. Und plötzlich war sie da, die Nibelungen-Radspur: praktisch ohne Vorwarnung wurde je eine Autospur gestrichen. Betonwände schirmten jetzt die Radspuren ab. Der Shitstorm der Autofahrer*innen, die den durch die Donautalbrücke frei gewordenen Raum längst wieder aufgefüllt hatten, kam so verlässlich wie das Amen im Gebet. Ebenso erwartbar: Die Krawallpresse übernahm … und die Politik „reagierte“ prompt: So rasch wie er da war, war der sichere Radweg wieder weg.
War das wirklich Zufall? So manche Radfahrerin vermutet ein „geplantes Scheitern“ (siehe Statements), schließlich hatte FP-Verkehrslandesrat Günther Steinkellner ab Tag Eins von einer „nicht tragfähigen Lösung“ gesprochen.
SP-Bürgermeister Dietmar Prammer bedauerte, erklärte sich aber für nicht zuständig: Die Brücke sei Landessache. Perspektiven? Verkehrsstadtrat Martin Hajart (VP) ventiliert eine „Brückenverbreiterung“. Die hat das Denkmalamt schon mehrfach abgelehnt. Plan B: Ein Steg neben der Brücke. Irgendwann. Vielleicht.
Und jetzt?
Was aber bedeutet das – hier und jetzt für die lokalen Radfahrerinnen und Radfahrer? Die sind enttäuscht. Und sauer. Stinksauer. Aber nicht nur das, sagt der Arzt Florian Sch.: „Dieses Fiasko hat mir gezeigt: So geht es nicht weiter. Radfahrerinnen und Radfahrer brauche eine starke Stimme: Ich bin deshalb der Radlobby beigetreten.“
Dieser Text erschien in der Ausgabe 2 / 2025 unseres Fahrradmagazins Drahtesel.
Statements zur Nibelungenbrücke

Thomas Hofer, Sprecher der Radlobby Linz: „Es braucht keine Mobilitätsutopien in ferner Zukunft sondern sichere Radwege im Hier und Jetzt. Platz ist auf der Nibelungenbrücke genug vorhanden, er ist nur ungleich verteilt. Die politisch Verantwortlichen haben nicht verstanden, wofür die Nibelungenbrücke steht: für die Stadt der Menschen, nicht der Autos. So bleibt Linz Autostadt – und reimt sich weiter auf Provinz.“

Stefan: „Ich hätte mir einen breiten Radfahrstreifen gewünscht – und zwar in jeweils eine Richtung. Die Betonelemente als Schutz gegen die Autos waren schon super: Jetzt ist es einfach Scheiße, weil zu nahe an den Pkws.“

Martin: „Am Gehsteig mit den Fußgänger*innen war es früher schon extrem eng. Mit dem Radstreifen und den Betonwänden war dann keine Gefahr mehr da, vor die Autos zu stürzen. Ich hätte mir eine ordentliche Lösung gewünscht, kein Provisorium.“

Katharina: „So schnell wie die Radwege wieder abgebaut wurden, frag ich mich, ob das Land Oberösterreich sie überhaupt gewollt hat. In anderen Städten, etwa in Wels, wird viel mehr für Radfahrerinnen und Radfahrer gemacht.“

Andreas: „Es ist absolut verrückt, dass die sicheren Radwege jetzt wieder abgebaut wurden. So viel Geld wurde für die neue Donautalbrücke, die nur für Autos da ist, ausgegeben. Für Radfahrer und Radfahrerinnen wird in Linz viel zu wenig getan: die Radwege sind zu wenig ausgebaut.“

Hermann: „Wie das ganze abgelaufen ist, ist eine absolute Farce. Wir brauchen schnellstmöglich eine brauchbare Lösung. Durch einen breiteren Radweg gäbe es auch weniger Konflikte mit Fußgängerinnen und Fußgängern.“

Lucia + Jonas: „Es ist eine absolute Frechheit, dass die sicheren Radwege gleich wieder weg waren! Das wirkt wie ein geplantes Scheitern: Viele Leute fahren in Linz einfach aus einem Grund nicht mit dem Fahrrad: weil es nicht sicher ist.“