Neue Stadträtin setzt auf sanfte Mobilität und mehr Rad

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Dass der öffentliche Verkehr, inbesondere die Straßenbahn, aber auch Radverkehr und FußgängerInnen in der urbanen Mobilität Vorrang haben, darüber lässt die neue Verkehrsstadträtin Elke Kahr keinen Zweifel offen. Für sie gibt es ein Grundrecht auf soziale und umweltfreundliche Mobilität - an ihr und an mehr Platz für Menschen führe kein Weg vorbei, so ihr Credo.

Das Verkehrsressort ist eine Art Wanderpokal - seit Anfang April in Händen von Elke Kahr, frühere Wohnungs-Stadträtin. Die KPÖ-Chefin ist zwar im Thema fast ein Greenhorn, mit ihrem pragmatischen und inkludierenden Herangehen könnte es ihr aber gelingen, trotz knapper Mittel Fortschritte in der Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2020 mit dem Fokus auf die "sanften Mobilität" zu erreichen. Rein von der Farbenlogik war es klar, dass nun nach Rot, Schwarz, Grün und Blau auch einmal Dunkelrot an der Reihe ist. Mit dem Verkehrsressort gibt es keinen Blumentopf zu gewinnen, heißt es landläufig - nicht zuletzt deshalb, weil die Interessenslagen so divergent und komplex und die Zahl der (selbsternannten) Experten noch größer ist als jene der Fußballtrainer. Und dass der Verkehr nicht ihr Wunschressort war, daraus hat Kahr nie ein Hehl gemacht.
Andererseits: Beobachter meinen, gerade diese Unbeschlagen- und Unzuordenbarkeit könnte Standardreflexe von Interessengruppierungen hintanhalten und ihr neue Spielräume eröffnen.

Luft nach oben beim Radverkehr
In einem Gespräch mit der "Kleinen Zeitung" (2.4.2017) ließ Kahr schon grobe Züge erkennen, was von ihr zu erwarten ist. Jedenfalls stellte sie gleich klar, dass Radfahren für sie eine große Bedeutung hat und dass sie den Radverkehrsanteil (dzt. 14,5 %) steigern will. "Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich sagen, Graz steht derzeit bei fünf, was den Radverkehr betrifft", so die Diagnose der saisonalen Alltagsradlerin und ÖV-, vorzugsweise Tram-Nutzerin. Ihr Ansatz ist der Schutz der "schwächeren Verkehrsteilnehmer", also der Radfahrer und Fußgänger, ein Ansatz, der ja schon vom legendären Vizebürgermeister Erich Edegger verfolgt wurde und seither - je nach Wanderpokal-Inhaber - mehr oder weniger ambitioniert verfolgt wurde. 

In dem am 05.05. vorgestellten "Arbeitskonzept Verkehr 2017-2022" finden sich auch konkrete Maßnahmen und Überlegungen pro Radverkehr: So soll der Standard auf Hauptrouten sukzessive verbessert und, wo nötig und machbar, Kfz-Flächen umgewidmet werden (Follow up Wickenburggasse), um die Erschließung der peripheren Wohnbezirke und bisher vernachlässigter Stadtteile (z.B. Ost-West-Achse nördlich Hauptbahnhof im Zusammenhang mit Smart City) zu ermöglichen. Dazu kommt der Ausbau sicherer Abstellanlagen, eine Neuorganisation der  Altradentsorgung und -recycling, vorzugsweise über ein sozialökonomisches Projekt. Als Pilotprojekte, die den Schulterschluss mit dem ÖV demonstrieren sollen, ist eine sichere Schienenquerung und eine Fahrradmitbahme im Bus nach Lustbühel in Prüfung.

Wiederbelebung des Radforums
Fix zugesagt hat Kahr die Wiederbelebung und weitere Öffnung des Radforums als beratendes Gremium. Der Besuch beim Arbeitstreffen der Radlobby Steiermark schon in den ersten Wochen im Amt ließ ja schon eine in der vergangenen Periode vermisste Wertschätzung erkennen. Explizit angesprochen wurden auch die Förderung bewusstseinsbildender Aktionen wie „Radelt zur Arbeit“ und ressortübergreifende Kampagnen im Umwelt- und Gesundheitsbereich. 

Der Vorrang für ÖV, Rad und Fuß soll sich auch in der Verkehrsorganisation, etwa in Ampelschaltungen, wiederfinden, der bereits erfolgten Identifizierung von Unfallhäufungspunkten sollen nun Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsbednigungen für ungeschütze VerkehrsteilnehmerInnen folgen. Verkehrsberuhigende Maßnahmen wie die Einrichtung von Wohn- und Fahrradstraßen (vorbehaltlich rechtlicher Klärung, Anm.) oder temporäre MIV-Sperren vor Unterrichtsbeginn im Nahbereich von Schulen nach Bozener Vorbild sollen ein radfahrfreundliches Umfeld schaffen. 

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Elke Kahr am Grazer Hauptplatz. Foto: Wolfgang Wehap