An den Gestaden des Lago Maggiore

Belgirate

Ausgangspunkt der oberitalienischen RadKulTour „Pedalare in Italia(no) 2015" war das piemontesische Verbania-Suna. Etwas ruhiger und beschaulicher als das turbulente Intra und verkehrsgünstig in der Mitte des Lago Maggiore gelegen, erlauben dort Bahn und Schiff die Erweiterung des Aktionsradius mit dem Fahrrad in alle Richtungen.

Die botanischen Gärten der Villa Taranto
Den Auftakt der Woche bildeten die botanischen Gärten der Villa Taranto. Der Leidenschaft des wohlhabenden schottischen Captains Neil Boyd Mc Eacharn verdankt man diesen aufwändig angelegten englischen Landschaftspark, der nur ein paar Fahrrad-Minuten von der Unterkunft entfernt lag. Rund 1.000 nicht autochthone Pflanzen und 20.000 Arten und Gattungen von botanischer Bedeutung werden dort kultiviert. Ein besonderes Highlight: das Dahlienlabyrinth mit über 1.700 Pflanzen aus über 350 Arten. Bereits auf diesem kurzen Weg zeigten sich Probleme mit Strallis neuem Fahrrad.

Gruppe in Arona
Gruppe in Arona, von © Die botanischen Gärten der Villa Taranto

Entlang des Südost-Ufers des Lago Maggiore ging es zum Höhepunkt der Tour, dem Felsenkloster Santa Caterina del Sasso, das als ehemalige Eremitage in die Felswand gebaut und mit zahlreichen Fresken ausgestattet ist.

Nach einer Pause auf der Halbinsel Angera radelten wir weiter nach Sesto Calende. Die alte Doppelstockbrücke, auf der sich unten die Bahn oben der restliche Verkehr bewegt, sorgte aufgrund des Schwankens und Vibrierens bei Normal-RadlerInnen für ein etwas mulmiges Gefühl. Doch die Techniker und Baumeister unter den TourteilnehmerInnen beruhigten, es sei eine sehr solide Stahlkonstruktion alter Schule, die noch lange halten würde.

Die Rückfahrt von Arona erfolgte im Zug mit freundlichem Schaffner, der die Gruppe bereitwillig verteilt auf mehrere Eingänge einsteigen ließ, wodurch das Ein- und Aussteigen recht rasch über die Bühne ging. Er wurde von Moni mit einer kleinen Keramik belohnt.

Santa Caterina del Sasso und Angera
Die Tour entlang des interessanten und beliebtesten Westufers nach Locarno musste wegen Dauerregens leider ausfallen. Dafür zeigte sich der Rest der Woche von seiner sonnigen Seite und so ging es am Tag darauf per Fähre nach Laveno Mombello, also in die Lombardei.

Strallis Rad fiel jedoch auf dem Weg zur Fähre aus und war ambulant in einem vernünftigen Zeitrahmen nicht mehr flott zu bekommen. Er und sein Bruder verzichteten daher auf die Tour und kümmerten sich um die Reparatur des Fahrrads.

Wirtschaftlicher Faktor in Laveno war über Generationen die Produktion von Gebrauchskeramiken. Männer und Frauen schufen in drei Fabriken teils sehr schöne auch bemalte oder bedruckte Objekte, von Geschirr bis hin zu Badezimmereinrichtungen, was fast allen Familien den Lebensunterhalt sicherte. In den 1980er Jahren wurden die Fabriken geschlossen. Heute gibt es vor Ort nur noch kleinere Betriebe, in denen diese Tradition weiter lebt. Ein ehemaliger Mitarbeiter gab im internationalen Keramikmuseum einen Einblick in die Vergangenheit.

Varese und der Sacro Monte
Ein multimodaler Tag: Zunächst ging es mit der Fähre nach Laveno Mombello, dann im Zug nach Varese Nord und schließlich per Bus und Standseilbahn hinauf zum Hauptreiseziel im Raum Varese, dem Sacro Monte. Alles war soweit gut geplant, bis auf die Tatsache, dass die Fahrkarte im Bus, wenn man sie nicht vorher am Kiosk geholt hat, nur an einem Automaten gelöst werden konnte, der passend bezahlt werden musste, was für eine Gruppe dann doch eine Herausforderung bedeutete. Mit dem Sammeln von Münzen und der Unterstützung der Einheimischen hatte am Ende jede/r einen Fahrschein.

Der Sacro Monte geht bereits auf eine römische Festung zurück, in die sich eine Gruppe von Arianern während ihrer Verfolgung durch den Heiligen Ambrosius zurückgezogen haben. Heute ist der heilige Berg ein Marienwallfahrtsweg der ganz besonderen Art. Neben der spätgotischen Basilika mit der Schwarzen Madonna wurden im 17. Jh. auf einem 2 km langen Weg vierzehn meist mit Fresken verzierte Kapellen errichtet. Es ist jedoch keiner der üblichen Kreuzwege, sondern es sind in drei Fünfergruppen, die durch ein Tor getrennt sind, mit lebensgroßen Figurengruppen die Rosenkranzgeheimnisse dargestellt.
    
Als die Gruppe schließlich in dem etwas unübersichtlichen System die richtige Bushaltestelle gefunden hatte, die regelmäßig bedient wurde, ging es zurück zu den Fahrrädern. Auch auf der Rückfahrt gab es das gleiche Lotteriespiel des Fahrkartenlösens wie am Vormittag, da es auf dem Sacro Monte keinen Vorverkauf von Busfahrkarten gab.

Entlang des Lago di Varese ging es bis zu einem mit Blumen und Kräutern bepflanzten Terrassen-Café mit Blick auf den See in Gavirate. Da Strallis Rad nach der Reparatur vom Vortag noch immer nicht wirklich einsatzfähig war, entschlossen sich die Brüder, gleich den Zug zurück zu nehmen. Die restliche Gruppe radelte weiter bis Sesto Calende und fuhr von dort mit dem Zug zurück.

Diesmal hatten wir mit dem Schaffner allerdings nicht so viel Glück. Dieser regte sich fürchterlich auf und bestand darauf, dass aus Sicherheitsgründen alle Fahrräder in dem kleinen dafür vorgesehenen Raum untergebracht wurden. Zwei Fahrräder, die bei der nächsten Tür eingestiegen waren, mussten an der nächsten Station ausgeladen und ebenfalls nach vorne verfrachtet werden. Dies war insofern kaum verständlich, da der Zug eher spärlich belegt war.

Arona - Verbania: Die Borromäischen Inseln
Zur Fortsetzung der Tour vom vorletzten Tag brachte uns der Zug nach Arona. Wieder mit viel Gezeter durch die Schaffnerin, die darauf bestand, dass alle Fahrräder bei einer Tür in den Doppelstockwagen eingeladen werden. Es blieb nur die Wahl, die Fahrräder zwischen die Sitze zu schieben und schräg die Treppe hinunter aufzustellen. Dadurch hatte sich beim Aussteigen das letzte Rad so verkeilt, dass die Schaffnerin beinahe mit Maria und ihrem Rad weiter gefahren wäre. Wir ernteten nochmal eine ordentliche Schimpftirade, dann konnte die Tour beginnen.

Entlang der Küstenstraße radelten wir bis Stresa. Dort sperrten wir die Räder ab und nahmen ein Taxi-Boot zur Isola Bella, das für uns als Gruppe kaum mehr kostete als das Linienboot und uns in nur fünf Minuten zur Insel brachte, wogegen das Linienboot noch mehrere Stationen vorher ansteuerte.

Die Isola Bella galt bereits im Barock als Pflichtprogramm für Italienreisende. Im 17. Jh. wurde die Fischerinsel „Isola Inferiore" in aufwändiger Weise zum Refugium für den Mailänder Grafen Borromeo in Form eines Schiffes umgebaut und nach seiner Gattin Isabella d‘Adda benannt. Auch heute ist die Insel sehr beliebt und die Boote karrten im Minutentakt immer mehr Leute herbei. Einen Teil der Insel nimmt der Ort ein. Dieser ist von Gastronomie dominiert und ziemlich übervölkert, da hier kein Eintrittsgeld verlangt wird. Anders der private Teil, der noch heute den Borromäern gehört, also der herrschaftliche Palast und die spektakuläre Gartenanlage.

Zurück nach Stresa ging es wieder mit dem gleichen rasenden Taxi-Boot. Ein Teil der Gruppe fuhr mit Rad und Linienboot nach Intra zurück, ein kleineres Grüppchen radelte entlang des Ufers mit den großen Villen zurück. Bei einem Aufenthalt im beschaulichen Feriolo, einem kleinen Uferort, errichtet auf dem Schwemmland des Toce direkt am See, gab es nochmal Kaffee oder Eis. Stephan nutzte die Gelegenheit für ein erfrischendes Bad im See.

Domodossola - Verbania: Das Ossola-Tal
Diesmal traten wir die Zugfahrt nach Domodossola in einem Zug an, der offiziell gar keine Fahrräder mitnahm. An sich wollten wir brav auf unseren geplanten Zug warten, als der Schaffner des verspäteten vorherigen Zugs uns Zeichen machte, alle einzusteigen. Wir konnten es kaum glauben und bewegten uns auf den Zug zu. Sofort kam die Bahnhofsvorsteherin angesaust und gab uns lautstark zu verstehen, dass wir in diesen Zug NICHT einsteigen durften. Da der Schaffner hier jedoch das letzte Wort hatte und er sehr freundlich war, beeilten wir uns, auf mehrere Eingänge verteilt, den Zug zu besteigen. Dafür wurde er von Maria mit einer Packung Nürnberger Lebkuchen belohnt.
Einen wesentlich alpineren Charakter hatte diese Tour im Piemont durch das Ossola-Tal. Domodossola, der Hauptort des Tals, war früher wichtiger Handelsplatz am Fuße des Simplons. Der alte Ortskern von Montecrestese und der Rastplatz in Masera an der Kirche luden zum Verweilen ein. Sehr malerisch ist ebenfalls das befestigte Vogogna. Statt in die Kirche mit einem sehr aktiven Pfarrer, der einige ganz aktuelle christliche Botschaften neben der altehrwürdigen Innenausstattung angebracht hatte, zog es die meisten jedoch in die kleine Bar nebenan. Nach einem kurzen Zwischenstopp am Palazzo Pretorio, in dem eine keltische Maske ausgestellt ist, ging es weiter zum Mergozzo-See auf ein letztes Eis, Kaffee und ein kühles Bad. Am See entlang radelten wir zurück nach Suna.

HEIDI SCHMITT

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