Studie erhebt wahren Investitionsbedarf für den Radverkehr
Eine im Jahr 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz und Umwelt durchgeführte Studie hat den Investitionsbedarf für den Radverkehr in Österreich erhoben: Grundlagenstudie Investitionsbedarf Radverkehr 2022
Dort sind Szenarien von 5,5 bis 7,0 Milliarden Euro angeführt. Diese Maßnahmen sind notwendig, um einerseits die Ziele des Masterplans Radfahren bis 2030 (RV-Anteil 13 %), aber vor allem auch die Klimaziele zu erreichen. Wenn man nur das mittlere Szenario (50 % über getrennte Infrastruktur und 50 % über Änderungen der Straßenraumgestaltung) betrachtet, dann gibt es in ganz Österreich für den Radverkehr einen Investitionsbedarf von über 6 Mrd Euro. Der in dieser Studie angegebene Investitionsbedarf für Oberösterreich liegt bei 1,2 Mrd Euro.
Oberösterreichs Radbudget müsste statt 2 Mio € jährlich 80 Mio € betragen
Nimmt man sich jetzt vor, diese Investitionssumme in 15 Jahren umzusetzen, dann kommt man auf ein jährliches Budget für den Radverkehr in OÖ in Höhe von 80 Mio Euro. Tatsächlich liegt das beschlossene jährliche Radbudget in OÖ bei rd. 2 Mio Euro, durch das Anzapfen von weiteren Töpfen sollen zusätzliche Millionen dazugekommen sein. Laut Angaben des Landes OÖ sollen 2024 in Summe rd. 10 Mio Euro für den Radverkehr ausgegeben worden sein.
Eine Aufschlüsselung darüber, aus welchen Töpfen und für welche dem Radverkehr dienlichen Zwecken diese zusätzlichen, angeblich bis zu 8 Mio Euro ausgegeben wurden, gibt es trotz mehrfacher Nachfrage bis heute nicht.
Wird nicht einmal das kleine Radbudget voll ausgeschöpft?
Ein Blick auf die Rechnungsabschlüsse des Land OÖ macht jedoch stutzig: seit 2019 wird jedes Jahr, von den ohnehin sehr niedrigen rund 2 Mio Euro/Jahr für den Radverkehr budgetierten Finanzmitteln, ein großer Teil nicht ausgegeben. Im Jahr 2023 finden sich rd. 600.000 Euro weniger im Rechnungsabschluss, als im Voranschlag für 2023. Über 5 Jahre gerechnet wurden 1,85 Mio Euro vom Voranschlag nicht ausgegeben. Das entspricht einem ganzen Jahresbudget.
Dass das Geld für den Radverkehr in OÖ auch aus anderen Töpfen kommt, ist ja grundsätzlich lobenswert. Aber wenn, so wie heuer, inzwischen schon 80 % der Gelder für den Radverkehr scheinbar aus anderen Töpfen und nicht aus dem beschlossenen Budgetansatz oder versteckten Quellen kommt, dann gehört das offen und transparent dokumentiert. Für jedes kleine Projekt muss man eine detaillierte Kostenaufstellung machen, die auf 1-2 A4 Seiten Platz hat. Das darf man sich für ein Volumen von 10 Mio Euro auch vom Land OÖ erwarten.
Im Voranschlag für 2025 ist das Budget für den Radverkehr im Land OÖ jedenfalls ähnlich niedrig wie in den letzten Jahren angesetzt. Im Gegensatz dazu winkt das Land OÖ Kostenerhöhungen im Ausmaß von hunderten Millionen Euro für die A26 - Westring Linz durch, um sich weg von den Klimazielen zu bewegen.
Die nachfolgende Grafik zeigt beim Radbudget OÖ deutlich das Ausmaß von Ist und Soll.

Man sieht, dass das derzeitige Radbudget im Vergleich zum Sollwert von 80 Mio Euro pro Jahr auf einem erschreckend niedrigen Niveau liegt und nicht bei einem realistischen Maß, mit dem wirklich merkbare Veränderungen in ganz OÖ erreicht werden könnten, was bei dem niedrigen Ausgangswert des Radverkehrs in OÖ (6,7 % RV-Anteil bei der Verkehrserhebung 2022) dringend notwendig ist. 14 % Radverkehrsanteil sollten es nach der im Jahr 1994 erfolgten Ankündigung des Landes OÖ schon im Jahr 2010 sein.
Niedriges Radbudget = niedriger Radverkehrsanteil
Die letzten aktuellen Zahlen des Radverkehrs der Verkehrserhebung 2022 zeigen 280.000 Radfahrten pro Tag in OÖ und liegen daher um ca. 300.000 tägliche Radfahrten unter dem von der Politik schon vor 30 Jahren ausgegebenen Ziel. Dieses sehr niedrige Niveau ist das logische Ergebnis der sträflichen Vernachlässigung und dem sehr geringen Budget des Radverkehrs in OÖ.
In Linz gibt es im Vergleich zu 1992 heute 42.000 Radfahrten pro Tag mehr und 41.000 Autofahrten weniger (!). Ganz umgekehrt stehen in Oberösterreich 65.000 mehr täglichen Radfahrten 1 Mio mehr tägliche Kfz-Wege gegenüber. Der motorisierte Individualverkehr weist also in diesen 30 Jahren einen 16-mal so starken Zuwachs auf wie der Radverkehr.
Während der öffentliche Verkehr in OÖ von der Wegeanzahl um ca. die Hälfte größer ist als der Radverkehr, Milliardenprojekten beim MIV und ÖV stehen unverhältnismäßig niedrige 10 Millionen im Radverkehr gegenüber.
Seit vielen Jahren wird in Europa eine Höhe von 30 Euro pro Einwohner*in genannt, die notwendig sind, um dem Radverkehr schrittweise die notwendige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Dies würde für OÖ 45 Mio Euro pro Jahr, also ca. das 5 - 10 fache der Radbudgets in OÖ der letzten Jahre bedeuten.
In vielen Vorzeigeregionen sieht man heute schon dass der Alltagsradverkehr einen großen Anteil am Verkehrsaufkommen einnehmen kann, wenn nur das verkehrliche Umfeld sicher und attraktiv gestaltet wird, Nur dann werden sich viel mehr Bürger*innen dieses Landes gerne und freiwillig auf ihren täglichen Wegen mit dem Fahrrad fortbewegen.
Umkehr nötig: Keine Hunderte Millionen für Straßenbau, sondern Klimaziele ernstnehmen!
Im Gegensatz dazu seien hier nur die Größenordnungen der Ausgaben für den Kfz-Verkehr und den öffentlichen Verkehr angeführt. Im aktuellen Budget sind 300 Mio Euro für den ÖV und 285 Mio Euro für Straßenverkehr (Straßenbau) vorgesehen, wenn man einen kleinen Teil des Straßenbetriebs auch dem Busverkehr zuordnet.
Der Radverkehr könnte einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg zu einer klimaneutralen Verkehrswende leisten, aber nur dann, wenn die Politik bereit ist, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, nämlich mit einer ausreichenden Dotierung und einer deutlichen Personalaufstockung für den Radverkehr. Das jetzt nach wie vor extrem niedrige Radbudget zeigt, dass die oö Landesregierung nicht realisiert, was es für das Erreichen der Klimaziele und Klimaneutralität 2040 im Verkehrsbereich wirklich braucht.
Wir vermuten, mit Hausverstand werden wir dieses Problem nicht lösen. Der wissenschaftliche Konsens, also der “Fachverstand” im Gegensatz dazu zeigt auf, dass man hier nur mit viel mehr Geld und viel mehr Personal für den Radverkehr in OÖ - merkbare Veränderungen erzeugen kann.